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Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Urteile, Verordnungen / Urteil des BGH
 

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Entscheidung des BGH 1962
 Eintragung akademischer Grade
Der akademische Grad ist kein Namensbestandteil

Bd. 38, S. 380 bis 385, Nr 54 

Leitsatz

§ 62 PStG nF steht der Eintragung akademischer Grade der Eltern in die Geburtsurkunde eines Kindes nicht entgegen.

PersonenstandsG v. 8. August 1957 (BGBI 1 1125) § 62. VI. Zivilsenat. Beschl. v. 19. Dezember 1962 in einer Personenstandssache. IV ZB 282/62.
I. Amtsgericht Göttingen
II. Landgericht Göttingen
III. Oberlandesgericht Celle

Im Geburtenbuch der Stadt G. ist die Geburt des Kindes A. G. in der Weise beurkundet, daß die Mutter als „Ehefrau des Arztes, Doktor der Medizin W. . . G. ." bezeichnet ist. Der Standesbeamte hat für das Kind eine Geburtsurkunde ausgestellt, in der der Vater nur mit seinen Vornamen, mit dem Familiennamen sowie mit Religionsbekenntnis und Wohnort, nicht aber mit seinem akademischen Grad aufgeführt ist. Auf das Verlangen des Vaters, die Geburtsurkunde durch hinzufügen seines akademischen Titels zu vervollständigen, hat der Standesbeamte die Sache dem Amtsgericht zur Entscheidung gemäß § 45 Abs. 2 PStG vorgelegt.

Das Amtsgericht hat die Ablehnung des Standesbeamten, in die Geburtsurkunde des Kindes den akademischen Grad des Vaters aufzunehmen, für berechtigt erklärt.

Gegen diesen Beschluß hat die Stadt G. als Aufsichtsbehörde Beschwerde eingelegt, da ein Interesse an einer obergerichtlichen Entscheidung bestehe.

Das Landgericht hat der Beschwerde stattgegeben und den Standesbeamten angewiesen, dem Vater eine Geburtsurkunde des Kindes auszustellen, in der auch sein, des Vaters, akademischer Grad aufgeführt ist. Die Stadt G. hat gegen diesen Beschluß beim Oberlandesgericht sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

Das Oberlandesgericht möchte das Rechtsmittel als unbegründet zurückweisen. Es ist der Auffassung, akademische Grade seien weder ein Namensbestandteil noch eine Berufsbezeichnung. Eher seien sie dem Namen zuzurechnen. Daher könne auch nach § 62 PStG in der Fassung vorn 8. August 1957 der akademische Grad der Eltern mit deren Namen in Geburtsurkunden der Kinder aufgeführt werden. Selbst wenn der akademische Grad weder dem Namen noch dem Beruf zuzurechnen sei, könne er in Personenstandsbücher und in Personenstandsurkunden auf Grund ständiger Übung, der der Gesetzgeber nicht entgegengetreten sei und die auch in vielen Bestimmungen der Dienstanweisung für die Standesbeamten vorausgesetzt werde, aufgenommen werden.

An dieser Entscheidung sieht sich das Oberlandesgericht durch einen Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 11. April 1961 - 2 Z 3/61 (Das Standesamt 1961, 163) gehindert. In dieser Entscheidung ist ausgesprochen, daß akademische Grade dem Berufe und nicht dem Namen zuzurechnen sind und als der Berufsangabe zugehörig nicht mehr für die Eltern in die Geburtsurkunde eines Kindes aufgenommen werden können.

Das Oberlandesgericht hat daher die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof hat die Beschwerde der Stadt gegen die Entscheidung des Landgerichts zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

1. Die Vorlage ist zu Recht erfolgt (wird ausgeführt).

2. Es ist über eine zulässige weitere sofortige Beschwerde der Aufsichtsbehörde des Standesbeamten zu befinden. Wie der Senat in der in BGHZ 30, 132 abgedruckten Entscheidung ausgesprochen hat, ist gegen die Entscheidung des Landgerichts, durch die der Standesbeamte zur Vornahme einer Amtshandlung angewiesen worden ist, gemäß § 49 Abs. 1 Satz 1 PStG die weitere sofortige Beschwerde gegeben. Die Aufsichtsbehörde ist zu ihrer Einlegung berechtigt, obwohl das Landgericht ihrer Beschwerde stattgegeben hat (Keidel, FGG, § 70 Anm. 4 b u. c m. w. Nachw.). Die Beschwerde ist form- und fristgerecht erhoben.

3. In der Sache selbst ist der Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts beizutreten. Es geht zutreffend und in Übereinstimmung mit der Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts davon aus, daß der akademische Grad kein Namensbestandteil ist (ebenso auch das Bundesverwaltungsgericht in BVerwGE 5, 291

BVerwGE, Bd. 5, 1957/58, S. 291 - 293
Leitsatz: Der Inhaber eines Doktortitels hat nach geltendem reversiblem Recht keinen Anspruch darauf, daß dieser Titel in der Namensspalte seines Berliner "behelfsmäßigen Persopalausweises" eingetragen wird.)  

Dem Oberlandesgericht ist weiter darin zuzustimmen, daß die akademischen Grade keine Berufsbezeichnungen sind. Sie können auch entgegen er vom Bayerischen Obersten Landesgericht vertretenen Auffassung, nicht zur Berufsangabe gerechnet werden. Das Bayerische Oberste Landesgericht begründet seine Auffassung mit der Erwägung, daß akademische Grade zumindest auf eine besondere Befähigung zu ihrer Berufserfüllung hinweisen. Diese Erwägung ist in ihrer Allgemeinheit unrichtig. Zwar weisen akademische Grade, wie sie in neuerer Zeit z. B. in Form von Diplomen verliehen werden, vielfach auf eine durch ein akademisches Studium erworbene Eignung zur Ausübung bestimmter Berufsarten hin. Dies berechtigt jedoch nicht, den akademischen Graden generell die Bedeutung eines solchen Hinweises zu geben und hierin ihren Sinn und Zweck zu erblicken. Dem steht entgegen, daß der Doktortitel, der nach seiner historischen Entwicklung und auch nach seiner heutigen Bedeutung den Begriff des akademischen Grades in besonderer Weise verkörpert, keine Beziehung zu dem von seinem Inhaber ausgeübten Beruf auszudrücken braucht. Dies zeigt nicht nur das Beispiel des doctor honoris causa (vgl. Ackermann, Zur Eintragungsfähigkeit (gemeint ist "Eintragbarkeit") des Doktorgrades in StAZ 1962, 16). Auch sonst läßt der Doktortitel häufig jeglichen Hinweis zu einen bestimmten Beruf oder eine Fähigkeit zu einem bestimmten Beruf selbst dann vermissen, wenn der Fakultätszusatz beigefügt wird. So können aus dem Grad eines „Dr. phil." keinerlei Rückschlüsse auf den ausgeübten Beruf oder auch nur auf die Fähigkeit zur Ausübung eines bestimmten Berufes gezogen werden. Der Titel eines „Dr. jur." besagt wohl, daß sein Inhaber eine rechtswissenschaftliche Ausbildung genossen hat. Es ist jedoch aus diesem Grade nicht zu ersehen, ob der Inhaber einen juristischen Beruf ausübt, vor allem aber nicht, welchem der verschiedenen juristischen Berufe er sich widmet. Der Titel besagt nicht einmal, ob sein Inhaber die Befähigung zur Ausübung klassischer juristischer Berufe, wie des Richters oder des Rechtsanwalts, durch die Ablegung der großen Staatsprüfung erworben hat. Auch nach dem Sinn und Zweck der Verleihung des Doktorgrades soll damit nicht eine besondere Befähigung zur Ausübung eines bestimmten Berufes ausgesprochen werden.

Mit der Verleihung des Doktorgrades erkennt die Fakultät die wissenschaftliche Leistung des Promoventen an und zeichnet ihn wegen dieser Leistung aus. Diese Auszeichnung ist nicht davon abhängig, daß der Promovent einen „einschlägigen" Beruf zu ergreifen beabsichtigt oder bereits ausübt. Sie will vielmehr nur den Promoventen ehren und ihm seine wissenschaftliche Leistung bestätigen. Daran ändert der Umstand nichts, daß der Doktorgrad jeweils von einer bestimmten Fakultät verliehen wird und durch seinen Zusatz auf das Wissenschaftsgebiet dieser Fakultät hinweist. Soll der Doktorgrad schon nach der Absicht der ihn verleihenden Fakultät die wissenschaftliche Auszeichnung des Promovierten, nicht aber dessen berufliche Befähigung zum Ausdruck bringen, so ist es auch dem Doktoranden in alter Regel nicht darum zu tun, durch den Erwerb des Doktorgrades die Befähigung zu einem bestimmten Beruf zu erlangen oder unter Beweis zu stellen. Dies zeigt sich schon darin, daß bei der Führung des Grades der Fakultätszusatz und damit der Hinweis auf ein bestimmtes Fachgebiet häufig weggelassen wird. Mit der Führung des Doktorgrades will somit sein Inhaber nicht eine besondere berufliche Befähigung zum Ausdruck bringen.

Nach allem kann der Doktorgrad nicht begrifflich zur Berufsangabe gerechnet werden. Für die anderen akademischen Grade, die denselben Rechtsschutz genießen, kann nichts anderes gelten. Von dieser Auffassung ist auch die Weimarer Reichsverfassung ausgegangen. Sie bestimmte in Art. 109: „Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie ein Amt oder einen Beruf bezeichnen. Akademische Grade sind hierdurch nicht betroffen."

Dem Oberlandesgericht ist weiter darin zu folgen, daß es für die Frage der Eintragungsfähigkeit akademischer Grade in Personenstandsbücher und in Personenstandsurkunden entscheidend auf die tatsächliche Übung ankommt. Die akademischen Grade wurden, obwohl sie, wie dargelegt, weder Bestandteil des Namens sind noch dem Beruf zugerechnet werden können, in ständiger Übung auch in die Personenstandsbücher und Personenstandsurkunden aufgenommen. Dies läßt die für den früheren Rechtszustand geltende Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden vom 10. Mai 1952 (Bundesanzeiger Nr. 94 vom 16. Mai 1952, S. 2) erkennen. Sie enthält bereits in der allgemeinen Vorschrift des § 104 Bestimmungen für die Eintragung akademischer Grade. Weitere Bestimmungen hierüber finden sich in § 116 Abs. 2. Wenn Ietztere Bestimmungen in ihrem Absatz 1 die Eintragung von Wohnort und Beruf der Eltern regeln, so kann hieraus nicht gefolgert werden, daß damit die akademischen Grade, entgegen ihrem Sinn und ihrer Bedeutung, für das Personenstandswesen dem Beruf zugerechnet werden sollten. Die Bestimmungen der Dienstanweisung deuten somit auf die Eintragungsfähigkeit akademischer Berufe hin.

Es ist davon auszugehen, daß dem Gesetzgeber bei der Neufassung des Personenstandsgesetzes diese tatsächlich bestehende Übung der Eintragung akademischer Grade bekannt war. Es besteht kein Grund zu der Annahme, daß der Gesetzgeber durch die Neufassung des § 62 PStG im Gesetz vom 18. Mai 1957 (BGBI I 518) diese Übung ändern wollte. § 62 sieht in der Fassung der Bekanntmachung vom 8. August 1957 (BGBI 1 1125) im Gegensatz zu seiner früheren Fassung die Aufnahme des Berufs der Eltern in die Geburtsurkunde nicht mehr vor, weil nach der amtlichen Begründung für diese Änderung (vgl. Köhler/Maßfeller, Personenstandsrecht 1957, Anm. 2 zu § 62 PStG S. 107) diese Angabe entbehrlich sei und ihr keine Bedeutung zukomme. Über die Angabe akademischer Grade wird weder in dieser Bestimmung noch in § 21 PStG, der für das Geburtenbuch auch die Angabe des Berufes der Eltern verlangt, etwas gesagt. Aus diesem Schweigen des Gesetzgebers kann aber nicht gefolgert werden, daß damit entgegen der bestehenden Übung die Eintragung akademischer Grade nicht mehr zulässig sein soll. Dieser Annahme steht die Tatsache entgegen, daß die amtliche Begründung zu § 70 PStG nF als Beispiel einer unzulässigen Abkürzung den Doktor der Medizin erwähnt (vgl. Köhler/Maßfeller, aa0 Anm. 2 zu § 70 PStG S. 123), also von der Eintragungsfähigkeit solcher Titel in die Personenstandsbücher ausgeht. Damit tritt zutage, daß nach der Auffassung des Gesetzgebers durch die Neufassung des Gesetzes an der Eintragungsfähigkeit (gemeint ist "Eintragbarkeit") akademischer Grade, von der die bisherige ständige Übung ausgegangen war, nichts geändert werden sollte. Demgemäß sieht auch die neue Dienstanweisung für die Standesbeamten und ihre Aufsichtsbehörden vom 14. Januar 1958 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 11 vom 17. Januar 1958) die Eintragung akademischer Grade in verschiedenen Bestimmungen vor. So ist in A 116 Abs. 2 vorgesehen, daß akademische Grade im Familienbuch bei der Berufsangabe, sonst aber vor dem Namen in deutscher Sprache entsprechend § 104 DA, einzutragen sind. Auf die Bestimmung des § 116 Abs. 2 DA ist in § 146 b Abs. 3 DA hinsichtlich der Geburtsurkunden für die Aufnahme eines akademischen Grades vor den Namen der Eltern verwiesen.

Aus diesen Gründen teilt der Senat die Auffassung des vorlegenden Oberlandesgerichts, daß § 62 PStG nF der Eintragung akademischer Grade der Eltern in die Geburtsurkunde eines Kindes nicht entgegensteht.

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