Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Sprache / Deutsche Sprachwelt DSW / D.Sport ist Wort
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Sport ist Wort – Laßt die Sprachtalente ran!
 Die DEUTSCHE SPRACHWELT veranstaltete einen Nachwuchswettbewerb für Fußballkommentierung - von Thomas Paulwitz

Deutsche Sprachwelt AUSGABE 24 Sommer 2006, S. 12
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der DEUTSCHEN SPRACHWELT

 

Millionen Fernsehzuschauer leiden unter den Sprüchen von Reinhold Beckmann, Johannes B. Kerner und anderen, denn die Sprache der deutschen Fußballkommentatoren ist wenig meisterlich: zu langweilig, zu selbstverliebt und fachlich mangelhaft. Das Beimengen unnötiger Anglizismen, um Eindruck zu schinden, ist nur die Spitze des Eisberges.

Zu diesem Ergebnis war die DEUTSCHE SPRACHWELT bereits zur Europameisterschaft vor zwei Jahren gekommen (siehe: Thomas Paulwitz, Fehlpässe und Eigentore – Die Sprache der Fernsehsprecher bei der Europameisterschaft, in: DSW 17, Seite 12). Die DSW hatte damals empfohlen, die Zuschauerproteste ernstzunehmen und die Fernsehsprecher auszuwechseln oder wenigstens ins Sprachtrainingslager zu schicken. Daraufhin erntete sie breite öffentliche Zustimmung. Doch es geschah nichts.

Leider zeigten sich schon damals die Fernsehsender ARD und ZDF uneinsichtig, und so haben sich die Sprachkünste der Fernsehkommentatoren auch zur diesjährigen Weltmeisterschaft nicht gebessert. Was tun? Die DEUTSCHE SPRACHWELT ließ sich nicht entmutigen und setzte ihre Anstrengungen zur Verbesserung der Kommentatorensprache fort. Sie hatte ja bereits vor zwei Jahren versprochen, „am Ball zu bleiben“. Zusammen mit dem Erlanger Theater „fifty fifty“ hat die DSW deswegen einen Wettbewerb für Nachwuchskommentatoren ausgerufen, unter dem Titel: „Sport ist Wort“.

Erstmals fand der Wettstreit am 21. Juni dieses Jahres in Erlangen statt. Gesucht waren sprach- und sportbegeisterte Menschen aus dem Bundesland Bayern, die einen reichen Fußballwortschatz besitzen – nicht nur: „Der Ding hat das Ding reingedingst…“ –, ohne überflüssige und effekthaschende Anglizismen wie „shoot out“ oder „fighting spirit“ auskommen und darüber hinaus das kleine Fußball-Einmaleins beherrschen.

Eine Elf aus Sport- und Sprachfachleuten, unter anderem von den Nürnberger Nachrichten, der BILD-Zeitung, der Deutschen Akademie für Fußballkultur und der DEUTSCHEN SPRACHWELT, wählte die sechs besten Bewerber aus: Christian Klug, Frank Hanauer, Ulrich Paulus, Stephan Janotta, Björn Werner und Sebastian Müller. Diese kommentierten dann jeweils eine Viertelstunde der Fernsehübertragung des WM-Vorrundenspiels Niederlande gegen Argentinien, zeitgleich und vor Publikum.

Außer Konkurrenz trat der 13jährige Schüler Paul Schultze an, der eine Viertelstunde vor Anpfiff das Spiel und die Mannschaftsaufstellungen ankündigen durfte. Er hatte sich mit der packenden Kommentierung eines möglichen Endspiels Deutschland gegen England empfohlen. Eine Dolmetscherin verlas die Spielregeln auch auf niederländisch, worüber sich zahlreiche in orange gekleidete Gäste freuten. Die Zuschauer bestimmten schließlich den Sieger des Wettbewerbs: den Sportstudenten Frank Hanauer aus München, der sich damit für die Teilnahme an der deutschlandweiten Ausscheidung im Jahr 2007 qualifizierte.

Der mehrmals ausgezeichnete Fußballkommentator Günther Koch beehrte mit seinem Kollegen Klaus Karl Kraus und der Erlanger Bürgermeisterin Elisabeth Preuß die Veranstaltung. Koch stellte fest: „Die momentane Misere der vielen austauschbaren Kommentatoren rührt nur daher, daß sie Profis sind und sich auf ihrem Status ausruhen. Sie verinnerlichen nicht, daß sie eine große Verantwortung tragen.“ Schließlich sind zeitweise Millionen der Sprache der Kommentatoren ausgesetzt, darunter auch viele Kinder, deren Sprache sich in einer empfindlichen Entwicklungsphase befindet.

Bei der Presse kam der Wettbewerb regional und überregional gut an. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung stellte fest: „Kommentieren statt Labern: Ersatz für Beckmann gefunden.“ Die Nürnberger Zeitung berichtete: „Ein Fußballspiel, viele Zuschauer und jede Menge Spaß.“ Die Nürnberger Nachrichten schwärmten: „Ein ungewöhnlicher Fußballabend.“ Das Magazin „Prinz“ nannte die Veranstaltung „verantsportlich“. Und die Abendzeitung glaubt: „Dellingreifnetzerwaldirubi zittert schon.“ Zwei Meldungen der Nachrichtenagentur dpa (siehe Kasten) machten den Wettbewerb deutschlandweit bekannt. Jetzt sind die großen Fernsehsender am Zug. Sollte sich die Sprache der Kommentatoren weiterhin nicht bessern, erhöhen wir den Druck und stocken den Kader wortgewandter Fußballkommentatoren weiter auf. Denn es gibt sie, die Sprachtalente, die darauf brennen, ihr Können einer großen Öffentlichkeit zu zeigen. Laßt sie ran!

Unterschrift zu Bild mit Kerner und Beckmann:
Bald arbeitslos dank talentierten Nachwuchses? Die Fußballkommentatoren Johannes B. Kerner und Reinhold Beckmann.

Kostenloses Probeexemplar der Zeitschrift

zum Buchdienst der Deutschen Sprachwelt

 



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken