1. März: Hans-Joachim Otto, der kulturpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, fordert eine Verlängerung der Übergangszeit für die RSR um mindestens ein Jahr. Daß der RDR noch bis zum 1. August Verbesserungen an der Reform schaffe, sei „völlig unrealistisch". - Der bekannte RSR-Kritiker Theodor Ickler erklärt, daß ihn das P.E.N.-Zentrum in den RDR entsende.
16. März: Der nordrhein-westfälische Städte- und Gemeindebund empfiehlt in einer Mitteilung an die Mitgliedskommunen, die RSR als „Form der kultusministeriell beschlossenen Legasthenie im kommunalen Verwaltungsverfahren nicht anzuwenden".
8. April: Der RDR tagt zum dritten Mal und stellt weitgehende Änderungen an der Getrennt- und Zusammenschreibung in Aussicht, die im wesentlichen auf eine Rückkehr zu den bisherigen Regeln hinauslaufen. Der RDR kündigt Nachbesserungen auf weiteren Gebieten der Rechtschreibung an.
11. April: Die KMK bestellt den RDR-Vorsitzenden Hans Zehetmair zu einer Telefonkonferenz ein. Die KMK versucht Zehetmair zu verpflichten, daß der RDR strittige Teile der RSR wie die Fremdwortschreibung, die Doppel-s-Regelung oder die Groß- und Kleinschreibung nicht antasten darf.
7. Mai: Der Liedermacher Heinz-Rudolf Kunze erklärt in der RTL-Unterhaltungssendung „Der große Deutschtest" in seinem Diktatheft: „Achtung: alte Rechtschreibung. Nieder mit der neuen!" Wenn sein Diktat nach der RSR korrigiert werde, sei dies „schnöde Siegerjustiz". 45 000 Zuschauer nehmen an der RTL-Prüfung zur RSR teil und erzielen die Durchschnittsnote „mangelhaft".
22. Mai: Jürgen Rüttgers (CDU) gewinnt die Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen. Er hatte versprochen: „Die CDU wird nach einem Wahlsieg bei der Landtagswahl im Mai 2005 dafür sorgen, daß man zu den bewährten Regeln zurückkehrt."
3. Juni: Die KMK beschließt, Teile der RSR zum 1. August alleingültig an den Schulen in Kraft treten zu lassen. Für die Getrennt- und Zusammenschreibung, Worttrennung und Zeichensetzung soll jedoch eine „Toleranzklausel" gelten, nach der die bisherige Rechtschreibung bis auf weiteres gültig bleibt. Nur in diesen Bereichen sollen noch Nachbesserungen möglich sein. Die DEUTSCHE SPRACHWELT spricht daraufhin von „babylonischem Irrsinn" und fordert ein Moratorium für die gesamte Reform (siehe dpa-Meldung). - Die reformkritische Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung verkündet, ihre zwei Sitze im RDR einzunehmen. Der RDR tagt zum vierten Mal und beschließt eine völlige Neufassung des RSR-Paragraphen zur Getrennt- und Zusammenschreibung, mit der die bewährte Rechtschreibung in diesem Bereich wiederhergestellt werden kann.
6. Juni: Zehetmair erklärt im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel", daß er sich den Beschränkungen durch die KMK nicht beugen will: „Ich unterstelle der KMK nicht, daß sie uns düpieren wollte. Sie hat uns schließlich letztes Jahr beauftragt, die strittigen Regeln der Rechtschreibreform zu prüfen. Man muß den Kultusministern aber schon raten, besonders behutsam und zurückhaltend mit Fragen der Rechtschreibung umzugehen. Wir werden uns wie geplant gegen Ende des Jahres auch die Groß- und Kleinschreibung vornehmen. Wir sind ein völlig unabhängiges Gremium."
Vorschau: 15. Juni: Zehetmair vor dem Kulturausschuß des Deutschen Bundestages. -1. Juli: Der RDR trifft sich in Mannheim. - 1. August: Die RSR wird an den Schulen teilweise alleinverbindlich.
*Aus Platzgründen wird das Wort „Rechtschreibreform" als RSR abgekürzt, „Kultusministerkonferenz" als KMK, „Rat für deutsche 'Rechtschreibung" als RDR. Die Zeittafel seit dem 1. Januar 2004 ist in DSW 16 bis 19 jeweils auf Seite 4 wiedergegeben.
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