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Tierintelligenz: Kleiner Bluff, große Wirkung Wie intelligent sind Insekten? Neuroethologen entdecken verblüffend einfache Regeln, die selbst der Konstruktion eines komplexen Termitenbaus oder Spinnennetzes zu Grunde liegen. Von Jan Dönges
Gehirn & Geist Nr. 1-2/2008 S. 60 bis 65
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In einem Winkel der Küche, nur knapp eine Hand breit über den alten Holzdielen verunziert ein Riss die Fußleiste. Von dort brummt es monoton: Eine Stubenfliege hat sich in einem Spinnennetz verfangen. Kaum naht die Spinne, da schiebt sich eine beachtlich große Artgenossin ins Blickfeld. Unversehens lässt sie von ihrer Beute ab und knöpft sich die Konkurrentin vor vergeblich: Nach einigen Scheinattacken gibt die »Hausherrin« klein bei und überlässt der Riesin das ergaunerte Festmahl.
Den Epilog zu diesem Schauspiel hält der staunende Betrachter. Denn der wundert sich, dass offenbar kaum ein halber Kubikmillimeter Nervengewebe genügt, solcherlei »Verstandesleistungen« zu erbringen. Für Spinnen beschränkt sich die Beutejagd allem Anschein nach nicht darauf, in immer gleicher Manier auf ein Beuteinsekt zuzustürzen. Sie wägen vielmehr ab zwischen ihrem Appetit und der Gefahr, im Konkurrenzkampf verletzt zu werden so scheint es jedenfalls. Und ihre kunstvollen Netze erfordern ja wohl auch einiges an räumlich-konstruktiver Intelligenz.
Nicht nur bei Spinnen, auch unter Insekten scheint es nur so von Hochbegabten zu wimmeln: Termiten konstruieren im Vergleich zu ihrer Körpergröße gigantische Bauten mit ausgefeilten Belüftungssystemen; Ameisen finden praktisch immer den kürzesten Weg zwischen Futterquelle und Nest. Und selbst die winzige Taufliege kreist durch ein Zimmer, ohne fortwährend anzuecken. Wo der Mensch rund 100 Milliarden Neuronen in die Waagschale wirft, muss sich das Kleingetier mit einem einhunderttausendmal kleineren Nervengewebe begnügen um Hindernissen auszuweichen, Objekte zu erkennen oder Routen zu planen und zu ändern. Wie schaffen sie das?
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