Da Frau Koch meinen Brief vom April 2004 nicht beantwortet hat, und auch offenbar Herr Buchberger auf Briefe nicht zu reagieren pflegt, schrieb ich am 15.10.2005 aus gegebenen Anlaß, diesmal an die Redaktion, Frau Uhlendorf. Die Antwort kam prompt, und zwar von Frau Koch.
Frau dankte für meinen interessanten Brief. Sowohl Herr Buchberger als auch sie würde das Thema "Sprache" für außerordentlich wichtig halten. Nicht nur, weil sie beide in einem Medium arbeiteten, "das ja vom gesprochenen Wort lebt, sondern vor allem auch, weil im "Gesundheitsgespräch" medizinische Informationen nur dann an Laien übermittelt werden können, wenn die oft sehr komplexen Fakten auf klare, für jedermann verständliche Weise erklärt werden, also wenn konsequent auf das Fachidiom zugunsten von Umgangssprache und sinnvollen Bildern verzichtet wird."
Frau Koch ist sich mit Herrn Buchberger sicher, daß ihnen darin nur selten Fehler passieren. Das würden übereinstimmend ihre Hörerinnen und Hörer bestätigen.
Frau Koch sieht meine Kritik in einer ganz anderen Sprachebene. Sie nennt sie "umgangssprachliche Manierismen und Unsitten" Es spricht für sie, daß sie sich diesbezüglich einsichtig zeigt und bereit ist, darüber nachzudenken, ob sie einige der von mir gerügten Ausdrücke nicht reduzieren oder abstellen könne.
Andererseits würden sich Menschen auch durch ihre Art zu sprechen "definieren, sozusagen durch Wiedererkennungs-Signale, die ein Teil der Persönlichkeit sind und den Zuhörern ein Gefühl des Vertrauten geben können. Dies solle keine Entschuldigung sein.
Als klassisches Beispiel dafür nannte Frau Koch Robert Lembke, der in seiner Was-bin-ich-Sendung vorwiegend stereotype Redewendungen benutzte. 40 Jahre lang wären sie das Markenzeichen der beliebten Sendung gewesen, obwohl sprachliche Scheußlichkeiten, die er da bewußt zelebrierte habe.
Schließlich meint Frau Koch:
„Sie können sich vorstellen (nein, Sie können es sich nicht vorstellen), wie sehr eine 55-Minuten Live-Sendung, ohne Manuskript, frei improvisiert, mit Anrufern, die unerwartete Fragen stellen, Fragen, die man fachgerecht, psychologisch einfühlsam und in einer dem Medium noch angemessenen Schnelligkeit zu beantworten hat, ein wirklich hohes Maß an Konzentration verlangt. In einer solchen Situation dann noch der Präzision und Schönheit der deutschen Sprache zu dienen, wäre sicher wünschenswert, ist aber - verzeihen Sie mir - illusorisch. Dass ich Literatur liebe, Sprache liebe, mich auch bemühe, ihr in meinen schriftlichen Äußerungen (Z. B."Körperintelligenz", Deutscher Taschenbuch Verlag) einigermaßen gerecht zu werden, mag mich in Ihren Augen nicht exkulpieren. Sei's drum.
Wir freuen uns immer über Reaktionen auf unsere Sendung, vor allem, wenn sie von so engagierten Hörern kommen.
Mit freundlichen Grüßen! Ihre Marianne Koch
Mein Kommentar:
Kurz gefaßt lautet der Inhalt von Frau Kochs freundlichem Schreiben: Sie und Herr Buchberger sind auch für richtiges Deutsch. Ich bin der einzige Hörer, der ihr Deutsch beanstandet. Außerdem gehören sprachliche Eigenheiten zur Persönlichkeit, und in einer Live-Sendung kann man nicht druckreif sprechen.
Über ein Jahr nach diesem Brief muß ich leider feststellen, daß Frau Koch ihre „sprachlichen Eigenheiten nicht verringert hat. In Ihren nach wie vor sehr informativen Sendungen beginnt Frau Koch weiterhin fast jeden zweiten Satz mit „ich denke („ich würde denken) und verwendet Ausdrücke, die allenfalls im pathologischen Zusammenhang angebracht wären (fürchterlicher Zwiespalt, irrsinnige Lust, wahnsinnig Geld gemacht, dramatisch gebessert). Sie rät nicht zu einer Handlung, sondern sie „würde raten. Floskeln und Ausdrücke wie: „ja, „sozusagen, „das heißt, "eben", "vielleicht (man sollte vielleicht ...", "die ganzen ... (statt alle)", "ich weiß nicht (was)", "weil das ist ..." werden wie gewohnt regelmäßig eingestreut. Soll in diesen Sprechblasen die Verantwortung der Gestalterin einer Sendung im sprechenden Medium zum Ausdruck kommen, wie es Frau Koch am Anfang ihres Briefes betont hat?
Die Begründungen von Frau Koch für ihre "umgangssprachliche Manierismen und Unsitten" sind nicht stichhaltig. Das angeblich „übereinstimmende Hörerurteil, die höchst fragwürdigen und im übrigen unnötigen „Wiedererkennungssignale und der nicht glaubhafte „Live-Sendungs-Stress sind kein Grund dafür, daß eine sachkundige und sendungserfahrene Expertin, wie es Frau Koch ist, die sachlich begründeten Hinweise für besseres Deutsch ignoriert. Ihre Absicht, "darüber nachzudenken, ob sie einige der von mir gerügten Ausdrücke nicht reduzieren oder abstellen könne," hat sie ersichtlich nicht verwirklicht.
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