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Leser/Hörer-Briefe / HB zu akad. Graden BR / Kötting TG / Kötting TG Antwort
 

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Frau Eva Kötting - Tagesgespräch
 Antwort vom 03.03.2006 auf E-Mail vom 18.02.2006

 

Sehr geehrte Frau Kötting,

es spricht für Sie, daß Sie mir geantwortet haben. Vielen Dank.

Das Bedürfnis der Redaktion, den Hörerinnen und Hörern zu signalisieren, hier spreche ein Experte, ist verständlich. Doch weder ein Titel (Professor) noch ein akademischer Grad (Dr.) ist die Gewähr für besondere Sachkenntnis, und zwar schon deshalb nicht, weil Titel und Grad ohne nähere Angaben über das Sachgebiet des jeweiligen Trägers genannt werden. Die Redaktion mag zwar gewissenhaft Spezialisten auf dem jeweiligen Sachgebiet suchen und einen Professor finden. Eine Gewähr für eine publikumswirksame Vermittlung von Informationen bietet der Titel nicht. Meistens wird sich der Experte durch das, was und wie er es sagt, als solcher erweisen.

Auch der verstümmelte Doktorgrad, der nach schlechter Sitte immer noch ohne Fakultät angegeben wird, ist nicht geeignet, spezielle Sachkenntnis erwarten zu lassen. Das Kürzel „Dr.“ besagt nur, daß der Betreffende vor mehr oder weniger langer Zeit ein Studium mit einer Dissertation (das Thema ist unbekannt) erfolgreich abgeschlossen hat, mehr nicht. Erst recht ist das Kürzel „Dr.“ kein Beweis für besondere Sachkenntnis. Seine Nennung vor dem Namen bestärkt lediglich das Vorurteil, daß bspw. der Herr Dr. Meier mehr kann, weiß und leistet als der Herr Meier, bis zum Beweis des Gegenteils, den der Herr Meier führen muß.

Haben dann etwa die Fachleute ohne Titel und Grad keine Sachkenntnis? In Erinnerung sind mir – als Hörer von der ersten Stunde des Tagesgesprächs an - viele kenntnisreiche Experten, von denen ich viel lernen konnte; und die waren den Hörern ohne akademische Verzierung vorgestellt worden.

Warum es in der Redaktion nicht möglich ist, wenigstens vollständige Doktorgrade zu ermitteln und anzugeben, um der Hörerschaft wenigstens einen Anhalt für die richtige Expertenwahl zu geben, ist mir nach wie vor unerklärlich. Ich habe bereits mehrmals darauf hingewiesen. Ohne Erfolg. Was spricht dagegen?

Vor kurzem hat Frau Heinzeller einen Infektiologen vom Schwabinger Krankenhaus, also einen Arzt, nur am Anfang und am Ende der Sendung mit dem Doktorgrad genannt und ihn während der gesamten Sendung (nur) mit dem Namen angeredet. Das war vorbildlich.

Auch Frau Krüger und einige Kollegen pflegen ein zeitgemäßes Protokoll, indem sie ihre promovierten Studiogäste nicht ständig akademisch verzieren. Also nur Mut, vielleicht bedarf es einer inneren Umstellung. Das dauert manchmal einige Zeit. Ich habe das im Jahre 1962 durchgemacht, als das BGH-Urteil bekannt wurde.

Schauen Sie halt mal in meine Homepage. Das Thema akademische Grade bietet viele Informationen.

Viel Erfolg bei der morgigen Sendung mit Herrn Roßbach.

Herzliche Grüße
Ulrich Werner

 



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