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Vom Luxus langen Lernens Wie viel Lebenszeit darf ein Mensch für Bildung verwenden?
ZEIT Wissen Nr. 32 vom 2.8.2007
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Ende des 18. Jahrhunderts formulierte Rousseau als »oberste, wichtigste und nützlichste Regel aller Erziehung«, dass es nicht gelte, Zeit zu gewinnen, sondern Zeit zu verlieren. Diese Maxime konnte für die Schulgeschichte Deutschlands ein Leitmotiv werden: Die Schulentwicklung des 19. und 20. Jahrhunderts lässt sich als die Geschichte einer kontinuierlich gesteigerten Inanspruchnahme von Lebenszeit durch institutionalisierte Bildung und Erziehung beschreiben. Zeitverbrauch durch Bildung wurde im Verlauf der Geschichte als Fortschritt, als Emanzipation begriffen. Denn mit der Inanspruchnahme von Bildungszeit verbunden war die Befreiung von Erwerbsarbeit. Schule trat an die Stelle von Kinderarbeit. Zugleich wurde die Teilhabe an Bildung in einer eigens dafür reservierten Zeit zur Voraussetzung persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung. Drei Faktoren hatten diese Erfolgsgeschichte ermöglicht:
Die tradierte Schulbildung war gekennzeichnet durch altphilologisch ausgerichtete Gymnasialbildung für eine kleine Zahl von Jungen (!), für die breite Masse jedoch durch Bildungsbegrenzung (Lesen, Rechnen, Katechismus). Dieses System konnte im Verlauf des 19. Jahrhunderts den Erfordernissen der sich entwickelnden Industriegesellschaft nicht mehr genügen.
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