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Wissenslücke im Notariat

Wenn ein juristischer Laie einen Juristen belehren muss

 Zum Doktorgrad als Namensbestandteil

 

Notare Dr. K. und B.
Herrn G.
L x
80 München

Dr.-Titel Namensbestandteil ?

Sehr geehrter Herr G,

für Ihre freundliche Beratung bzgl. der auszufertigenden Urkunde am 28.2.2006 bei Ihnen im Hause möchte ich Ihnen nochmals danken. Anlässlich Ihres Vermerks zum nicht nachgewiesenen Dr.-Titel sagten Sie, er sei ja Namensbestandteil usw.

Ich wollte an der Stelle keine Diskussion darüber anzetteln, zumal ich nicht viel Zeit hatte, Sie nicht zu lange beanspruchen wollte und auch darauf nicht vorbereitet war. Mir war aber bekannt, dass es ein einschlägiges BGH-Urteil gibt, aus dem sich die klare Widerlegung dieser Aussage ergibt. Hier ist es:

Der Dr.-Titel ist kein Namensbestandteil. Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes 1957 (BVerwGE 5, 293), bestätigt durch den  Bundesgerichtshof im Jahre 1962 (BGHZ 38, 380, 382 f.).

Dass der Dr.-Titel im Pass und PA eingetragen wird, geht ganz einfach aus dem Passgesetzt hervor, was mit dieser Frage überhaupt nichts zu tun hat.

Seit 1962 ist viel Wasser die Isar herunter gelaufen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich dadurch am BGH-Urteil etwas geändert hat. Demnach ist für mich verwunderlich, dass sich ein Irrglaube so weit verbreiten und selbst im Kreise von Juristen so hartnäckig halten kann. Sollten Sie einen anderen Wissensstand haben, lasse ich mich natürlich gerne eines Besseren belehren und freue mich auf Ihre Nachricht. Im Grunde ist das ganze aber unerheblich. Was nützt es, wenn er Namensbestandteil ist? Niemand hat Anspruch darauf, konsequent mit Namen tituliert oder angesprochen zu werden. All dies gehört in den Bereich der Fragen von Höflichkeit und Anstand und ist da gut aufgehoben. Es scheidet sich dort die Spreu vom Weizen. Manche Menschen sind eben höflich und manche nicht.

Man kann jetzt natürlich philosophieren und versuchen, sich dadurch Klarheit zu verschaffen, oder wenigstens Plausibilität:

Ein Name hat genau zwei Teile: Vornamen und Nachnamen. Zu welchem gehört jetzt der Dr.? Zum Vornamen? Warum bin ich dann „Herr Dr. Zäh“? Zum Nachnamen? Warum bin ich dann „Dr. Michael Zäh“?

Und weiter: Was nun genau ist der vermeintliche Namensbestandteil? „Dr.-Ing.“, „Dr. rer. nat.“, „Dr. jur.“ usw. oder nur „Dr.“? Warum nur „Dr.“, wenn in meiner Urkunde doch „Dr.-Ing.“ steht?

Zudem hat der Dr.-Titel ein Merkmal, das klar dagegen spricht, ihn auf die Stufe von Namensbestandteilen zu heben: Er ist gegen den Willen des Trägers entziehbar, zum Beispiel wenn sich Täuschungsversuche im Promotionsverfahren offenbaren oder wenn sich der Träger anderweitig als der hohen Ehre nicht würdig erweist.

Aber es ist alles Makulatur: Was zählt, ist das BGH-Urteil.

Ich habe es persönlich immer folgendermaßen gesehen und damit auf eine Eintragung im PA bewusst verzichtet bzw. würde mich sogar dagegen wehren: Mein Name ist und bleibt „Michael Zäh“, von meiner Geburt bis zu meinem Tod, er ist unantastbar und gehört zu den höchsten Gütern meiner Persönlichkeit. Etwas Profanes wie ein Dr.-Titel kann niemals auf diese Stufe gelangen, ganz egal, welches Ansehen damit verbunden ist, kann also niemals mit meinem Einverständnis Bestandteil meines Namens werden. Der Name ist mein unveränderliches Markenzeichen, so wie ein BMW-Logo oder ein Mercedes-Stern. Was immer des Weges daher kommt: Das Markenzeichen bleibt unangetastet.

Mit dieser Sichtweise hätte ich übrigens auch abgelehnt, bei der Verehelichung den Namen einer Frau anzunehmen und kann auch jede Frau verstehen, die genauso denkt. Insofern ist für mich die namensverschiedene Ehe das Natürlichste der Welt.

Außerdem erkenne ich nicht, wozu ich den Dr.-Titel als Bestandteil meines Namens oder im Pass/PA brauchen könnte. Zu Hause im Schrank liegt eine Urkunde, wo alles drinsteht. Jeder, der mich kennt, weiß es, meine Visitenkarten, mein Türschild, mein Briefkopf tragen den Titel. Das genügt! Niemand hat je meine Berechtigung, den Dr.-Grad zu führen, in Zweifel gezogen. Arbeitgeber verlangen sowieso vollständige Bewerbungsunterlagen, und da gehört die Urkunde dazu. Also: Was brauche ich sonst noch? Wozu ist auch eine Eintragung im Pass nützlich? Sie kann nur Missverständnisse hervorrufen, man denke nur an die Einreiseformalitäten z.B. in die USA. Wäre ich der Gesetzgeber, würde ich diese Möglichkeit sofort abschaffen, denn sie führt nur zu unnötigem Verwaltungsaufwand.

Übrigens hätte ich den Vermerk in der Urkunde nie als Beleidigung empfinden können. Mir ist vollkommen klar, dass Sie dies pflichtgemäß tun, schließlich darf es ja nicht sein, dass quasi ein Notar durch die Beglaubigung einer Unterschrift und die Ausfertigung einer Urkunde jemandem einen nicht nachgewiesenen und evtl. nicht rechtmäßigen Doktorgrad zuordnet. Da käme vielleicht noch jemand auf die Idee, mit einer solchen notariellen Urkunde, die fälschlicherweise den Dr. beinhaltet, zum Passamt zu gehen, sie dort vorzulegen und die Eintragung des nicht erworbenen Dr. im Pass zu verlangen.

Sollte ich mit meinen Aussagen wirklich falsch liegen, wäre ja ein Jurist wie Sie der richtige, um mich zu widerlegen, und ich wäre Ihnen dankbar dafür, da mir trotz der Bedeutungslosigkeit für das praktische Leben an Gewissheit bezüglich dieser Frage gelegen ist. 

Für Ihre Promotion wünsche ich Ihnen gutes Gelingen und viel Erfolg und ich verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Michael Zäh



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