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Echte Sprachpflege ist Denkpflege
 Grußwort des Pegnesischen Blumenordens zur Neugründung der Fruchtbringenden Gesellschaft - von Werner Kögel

Deutsche Sprachwelt AUSGABE 27 Sommer 2007, S. 4
Abdrucke mit freundlicher Genehmigung der DEUTSCHEN SPRACHWELT

 

Einige unter uns haben sich sehr viel vorgenommen. Ich habe den Text der Köthener Erklärung, die von hier und heute ausgeht, sowie ihre Vorstufe und die Kommentare dazu gelesen und gefunden, daß nichts weniger geplant ist, als für mindestens die nächsten 300 Jahre wirksam zu werden, aus einer Lage heraus, die der vor 300 Jahren in manchem ähnlich ist. Ob Sie dazu den Präses des Pegnesischen Blumenordens eingeladen haben, einer Sprach- und Literaturgesellschaft, die heuer ins 363. Jahr ihres ununterbrochenen Bestehens gegangen ist, um den einen oder anderen Hinweis zu erhalten, wie man eine solche Langlebigkeit erreicht? Mit drei kleinen Empfehlungen kann ich dienen:

Nehmen Sie Besitz von einem dinglichen Gut, das Sie vor den Augen der Öffentlichkeit ständig erhalten und pflegen müssen, um nicht schandbar dazustehen. Das hilft gegen Auflösungstendenzen. Wir haben zum Beispiel seit 1676 den Irrhain.

Nehmen Sie keine Person als Mitglied auf, gegen die auch nur ein bisheriges Mitglied während einer geeigneten Wartedauer Einspruch erhebt. Das hilft gegen inneren Unfrieden und Spaltungen.

Schreiben Sie Ihr Programm nie in allen Einzelheiten fest. Programme können erfüllt werden, dann weiß man nicht mehr, was man tun soll. Sie können von den Zeitumständen überholt werden, dann kommt man sich komisch vor und läßt es bleiben. Sie können unerfüllbar sein und dennoch ewig wünschenswert – diese halten am Leben, an einem sinnvollen Leben. (Unsere drei Devisen, nebenbei bemerkt, sind: „Alles zur Ehre des Himmels“, wobei jedem freisteht, was er sich als Gegenbild bloß materiellen Strebens vorstellt; „Zu einem Ton einstimmend“, wobei im Bilde der Panflöte ausgedrückt ist, daß jeder einen anderen Ton spielt, daß man aber einen gemeinsamen Grundton hat; „Mit Nutzen erfreulich“, worin das horazische „entweder — oder“ in ein volkserzieherisches „sowohl — als auch“ umgedeutet ist.

Am Beispiel dieser Devisen sehen Sie auch, daß Langlebigkeit an sich kein Verdienst ist und auch vom Blumenorden nicht so begriffen wird. Ich beeile mich also, auch noch vier inhaltliche Thesen vorzutragen, die mir aus der Erfahrung mit dem Blumenorden schon länger eingeleuchtet haben.

1. Veröffentlichungen und öffentliche Stellungnahmen zur Sprachpflege sind genauso notwendig und nützlich wie solche zur Kinderpflege. Sie dürfen nie aufhören und müssen immer neue Generationen von Sprachteilnehmern erreichen. Zu beachten ist dabei allerdings, daß – wie bei der Zeitschrift „Eltern“ – nicht alle bisher schon vorhandenen und geschulten Betroffenen es aushalten, in wiederkehrender Folge das gleiche oder nur geringfügig Verändertes zu lesen oder zu hören. Mit anderen Worten: Toleranz gegen diejenigen, denen es schon zum Hals heraushängt, stünde dem eifrigsten Sprachpfleger gut an. Es ist in Ordnung, wenn einer sagt: „Ich schreibe, wie ich es gelernt habe“ – wenn er’s gut gelernt hat.

2. Was man am Negativbeispiel des Pfaffengezänks nach der Reformation lernen kann: Einer Sache ist durch engstirnige Rechthaberei – selbst wenn man recht haben sollte – nicht wirklich geholfen. Dabei ging es den damaligen Streitern um ihr Seelenheil, mit all den ewigen Folgen, an die sie wirklich glaubten; worum geht es bei Auseinandersetzungen um Rechtschreibung und Grammatik? Man glaubt jedoch manchmal, Teilnehmer an der gegenwärtigen Diskussion wünschten einander mindestens zur Hölle. Das ist nicht fruchtbringend.

3. Aus den eingehenden und auch schon in mehrere Runden gegangenen Gesprächen im Blumenorden hat sich kristallisiert: Echte Sprachpflege ist Denkpflege. Man kann – leider: konnte! – auch im reinsten Deutsch eine Menge übler Dinge ausdrücken und Unheil anrichten.

4. Wenn einer von einer allgemein anerkannten sprachlichen Norm abweicht und einen guten Grund dafür angeben kann, so ist das als Erweiterung der Ausdrucksfähigkeit unserer Sprache anzuerkennen. Solche Gründe können ästhetische sein – dann geht die Betrachtung in Pflege der Dichtung über –‚ es können aber auch erkenntnistheoretische, wissenschaftliche oder rhetorische sein. Wenn das zu Fremdwortgebrauch, Lehnübersetzungen oder Auffälligkeiten um des Auffallens willen führt (fast jede rhetorische Figur hat als absichtlicher Fehler angefangen), so ist das noch kein Indiz für den Untergang unserer Sprachkultur. […]

Nun habe ich noch, in der Art von Patengeschenken, einige Gaben vom Pegnesischen Blumenorden zu überbringen. Empfangen Sie nun, liebe, sehr verehrte Frau Seewald-Heeg, eine Grußurkunde zur Gründung, und weil das Siegel darauf nur gedruckt und nicht in schönem Wachs aufgedrückt ist, daneben die Silbermedaille des Blumenordens mit ebendiesem Siegelbild auf der Vorder- und der Panflöte auf der Rückseite. Zum Grundstock ihres Archivs liefere ich Einzelstücke derjenigen Nummern unserer Mitteilungshefte, die mir noch mehrfach greifbar waren. Die lückenlose Folge ist bestimmt für unser Archiv im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg. Zum 350jährigen Bestehen des Blumenordens gab es eine Festschrift. An dieser hatten so viele Mitglieder mitgearbeitet wie seit der „Betrübten Pegnesis“ von 1681 nicht mehr. Sie können daraus also den Orden recht gut kennenlernen. Schließlich wage ich es auch noch, meine eigene Arbeit als Zuwaage obendrauf zu legen, um mich persönlich der Fruchtbringenden Gesellschaft als hoffentlich annehmbares Mitglied zu empfehlen. Die Fortsetzung dieses Buches ist zunächst nur zugänglich unter www.blumenorden.de.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und alles Gute auf den gemeinsamen Weg!

Kostenloses Probeexemplar der Zeitschrift

zum Buchdienst der Deutschen Sprachwelt

 



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