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Deutsch - eine starke Sprache
Von wegen Feierabenddialekt! Noch ist es nicht zu spät
 Von Thomas Paulwitz

Deutsche Sprachwelt AUSGABE 25 Herbst 2006, S. 1
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der DEUTSCHEN SPRACHWELT 

 

„Deutsch bleibt die Sprache der Familie, der Freizeit, die Sprache, in der man Privates liest, aber Englisch wird die Arbeitssprache.“ Mit dieser Behauptung machte sich Günther Oettinger bei den Freunden der deutschen Sprache äußerst unbeliebt. Viele empörten sich über den Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. Die DEUTSCHE SPRACHWELT stellte Oettinger in die Sprachsünder-Ecke und der Verein Deutsche Sprache wählte ihn zum „Sprachpanscher des Jahres“.

Heißt es nun Abschied nehmen von der deutschen Sprache? Wer die derzeitige Flucht aus der deutschen Sprache beobachtet, könnte diesen Eindruck gewinnen. Das Englische ist dabei, alle anderen Sprachen „abzuhängen“, stellte die Präsidentin des Goethe-Instituts, Jutta Limbach, vor kurzem fest. Ein Grund sei, daß Sprachpolitik in Deutschland eher stiefmütterlich behandelt werde. Das Goethe-Institut meldete sich ungewöhnlich deutlich zu Wort.

 

„Drastisch ausgedrückt gibt es die Bundesrepublik [Deutschland] kulturpolitisch und sprachpolitisch nicht“, meint der Germanist Konrad Ehlich. Obwohl die Sprache in der Diskussion um Sprachprüfungen und die Rechtschreibreform allgegenwärtig sei, gebe es in der Politik ein mangelndes Bewußtsein für die Bedeutung der Sprache. Die Deutschen sollten selbstbewußter mit ihrer Sprache auftreten.

 

Das Goethe-Institut beabsichtigt darum, mit Hilfe der weltweiten Kampagne „Die Macht der Sprache“ stärker auf die politische und gesellschaftliche Bedeutung der Sprache in einer globalisierten Welt hinzuweisen. Projektleiterin Katharina von Ruckteschell behauptet: „Sprachpolitik bedeutet auch: Wir machen uns bemerkbar.“ Es ist zu hoffen, daß sich diese Aktion nicht in wirkungslosen Debatten erschöpft, sondern tatsächlich Anstöße geben kann.

 

Oder hat Oettinger recht? Hat die deutsche Sprache wirklich einen so geringen Wert, daß sie nur noch als Feierabenddialekt taugt? Sehen wir uns einmal die Tatsachen an:

 

In Europa spielt die deutsche Sprache die größte Rolle. Über 101 Millionen Menschen haben Deutsch zur Muttersprache. Das ist etwa jeder vierte Europäer. „Die geographische Lage Deutschlands sowie seine kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung machen die Kenntnis der deutschen Sprache auch weit über Europa hinaus attraktiv“, erklärt die „Ständige Arbeitsgruppe Deutsch als Fremdsprache“ im Auswärtigen Amt in Berlin.

 

So lernen knapp 17 Millionen Menschen auf der ganzen Welt Deutsch als Fremdsprache. Dramatisch ist jedoch der Rückgang bei den Studenten der Germanistik im Ausland. Dieses Fach wählten im Jahr 2000 rund 430.000. Fünf Jahre später waren es nur noch rund 147.000 Germanistik-Studenten.

 

Nach Angaben der Kommission der Europäischen Union ist in der EU zwar Englisch die am meisten gesprochene Fremdsprache, denn sie wird von 38 Prozent zusätzlich zur Muttersprache gebraucht. Deutsch und Französisch befinden sich jedoch mit jeweils 14 Prozent gemeinsam auf dem zweiten Platz. In Mittel- und Osteuropa erlebte die deutsche Sprache nach 1989 einen Aufschwung, der sich nun abkühlt. Mutter- und Fremdsprachler zusammengenommen wird Deutsch von 32 Prozent der EU-Bürger gesprochen. Das ist Platz zwei nach Englisch (51 Prozent) und vor Französisch (26 Prozent).

 

Wie gut ist es im sogenannten „Internet“ um die deutsche Sprache bestellt? Zwei Drittel aller Seiten im weltweiten Netz sind derzeit laut Unesco zwar auf englisch verfaßt; auf dem zweiten Platz folgt jedoch schon Deutsch. Unsere Sprache liegt zwar mit sieben Prozent weit hinter Englisch, aber immer noch weit vor den Sprachen, die auf dem dritten Platz folgen: Französisch, Japanisch und Spanisch kommen jeweils nur auf drei Prozent. 90 Prozent der 6.000 Sprachen, die es auf der Welt noch gibt, sind im Netz überhaupt nicht vertreten. Sie laufen Gefahr, früher oder später ganz zu verschwinden.

 

Nach Angaben des Goethe-Instituts erscheinen 18 Prozent aller Bücher, die weltweit verlegt werden, auf deutsch. Bei den Sprachen, aus denen übersetzt wird, steht Deutsch nach Englisch und Französisch an dritter Stelle, und ins Deutsche wird am meisten übersetzt.

Die deutsche Sprache hat also gute Voraussetzungen, sich dem Wettbewerb der Sprachen zu stellen. Sie ist ganz und gar kein Feierabenddialekt. Andere Sprachen haben wesentlich schwierigere Bedingungen. Es gibt weder einen Grund, die deutsche Sprache aufzugeben, noch einen Grund, sich in Sicherheit zu wiegen. Es gibt bedrohliche Anzeichen für einen zunehmenden Bedeutungsverlust. Wenn wir die deutsche Sprache als Kulturgut erhalten wollen, müssen wir etwas für sie tun. Die noch vorhandene Bedeutung unserer Muttersprache verpflichtet uns geradezu dazu.rtikel 

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