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Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Doktor-Grad, Übersicht / Der Professor muß es sein
 

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Der "Professor" muß es sein!
 Die Sehnsucht nach zusätzlicher Würde


Was macht ein Politiker, diplomierter Volkswirt, sogar Doktor der Rechtswissenschaften, Staatssekretär a. D., bayerischer Finanzminister, Honorarprofessor und außerdem reichlich mit Parteiämtern versehen, der den dringenden Wunsch hat, mir „Herr Professor“ angeredet zu werden? Warum sollte ein Politiker auch andere Wünsche haben als ein gemeiner Bürger, der sich oft schon geschmeichelt fühlt, wenn er einen Herrn Doktor zu seinen Bekannten zählen und ihn vor anderen Leuten auch entsprechend titulieren darf?

Er, der professortitellose, verleiht sich die akademische Würde „Professor“ einfach selbst. Konsequenterweise setzte er, es handelt sich um den bayerischen Staatsminister Kurt Faltlhauser, in den Jahren 1994 bis 1998 den akademischen Titel stolz vor seinen Namen auf Briefköpfe und in Lebensläufe. Welcher Gefahr er sich damit aussetzte, müßte dem studierten Juristen eigentlich bewußt gewesen sein: nach Paragraph 132a des Strafgesetzbuches („Mißbrauch von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen")

wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft,

„wer unbefugt inländische oder ausländische Amts und Dienstbezeichnungen, akademische Grade, Titel oder öffentliche Würden führt".

Das aber hat Faltlhauser jahrelang getan.

Michael Stiller wies in der SZ vom19.09.2001 darauf hin, daß Faltlhauser wegen Eitelkeit und Arroganz in der CSU schon des öfteren unangenehm aufgefallen sei, genug Meriten vorzuweisen habe (siehe oben), weshalb er auf einen falschen Professorentitel nicht angewiesen gewesen wäre. Faltlhauser wolle eben immer noch ein bißchen mehr sein als die Kollegen in Kabinett und Fraktion.

Seine kleine Hochstapelei begann, wie Stiller berichtete, am 22. November 1994, als er von Wissenschaftsminister Hans Zehetmair zum Honorarprofessor der Ludwigs-Maximilians-Universität München bestellt wurde. Seit 1988 halte Faltlhauser dort eine Lehrveranstaltung zu Fragen der Finanzpolitik. Obwohl Mitglied einer gesetzgebenden Körperschaft, mißachtete Faltlhauser das Bayerische Hochschullehrergesetz, das ihm lediglich das Führen der Bezeichnung „Honorarprofessor" erlaubte. Er jedoch trat auf als Prof. Dr. Kurt Faltlhauser. Bald schrieben auch die meisten untergebenen Beamten devot den „Prof." vor seinen Namen. Nur die Pressesprecher der Staatsregierung dämpften die Titelsucht des Politikers. Faltlhauser verteidigte sich: „Die Gesetzeslage entspräche nicht der Realitat in der Praxis. Zahlreiche Personen des öffentlichen Lebens in Bayern hätten die verkürzte Bezeichnung Professor beziehungsweise die Abkürzung Prof. geführt, obwohl sie für jedermann sichtbar einem anderen Hauptberuf nachgingen." Na, wen das nicht überzeugte.

Zum Beweis der politischen Ausgewogenheit bei der akademischen Würdesucht hatte der Honorarprofessor, Notar und SPD-Landtagsabgeordnete Peter Paul Gantzer, ein Experte für Immobilienrecht, ebenfalls keine Skruppel, sich „ohne schlechtes Gewissen", wie er es nannte, den Professorentitel zu verleihen und ihn seit seiner Ernennung zum Honorarprofessor der Bundeswehr-Hochschule München 1992 zu führen. Damit drückte auch ihm das Strafgesetzbuch auf die Zehen.

Was macht also Gieriger, dessen Hunger so groß war, daß er in die Speisekammer ohne Schlüssel (illegal) eindringen mußte? Er besorgt sich nachträglich einen Schlüssel.

Die gemeinsamen Sorgen der beiden Politiker vereinte sie 1998 im Antrag, die Legalisierung ihres Titel-Anspruchs in eine Novelle des Hochschullehrergesetzes aufzunehmen. Auch Honorarprofessoren sollten sich als Professoren bezeichnen dürfen. Mit diesem Trick, der nur dann gelingt, wenn man nahe genug an der politischen Macht sitzt, dürfen sich Faltlhauser und Gantzer seit dem 1. August 1998 die sich selbst verliehene Würde endlich legal vor sich her tragen. Auch vor dem Staatsanwalt sind sie sicher. Der Mißbrauch von Graden und Titeln verjährt nach drei Jahren, in ihrem Fall am 1. August 2001.

Nach einem Bericht in der "Welt" vom 3. März 2004 ist der umstrittene Plastinator Gunther von Hagens wegen Titelmißbrauchs mit einer Geldstrafe belegt worden. Er soll zwischen Anfang Februar 2002 und Mitte August den Titel "Professor" in mehreren Fällen unrechtmäßig, d. h. ohne Herkunftszusatz verwendet haben. Angezeigt wurde er von der Universität Heidelberg, die durch den Verkauf von plastinierten Leichenteilen ins Gerede gekommen ist.

Jürgen Schremp wurde laut einem Bericht der "WamS" vom 12. Okt. 2003 ein "Professor h. c." durch den badenwürttembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel verliehen.

Die "Welt" vom 24. Jan. 2004: "Inflation eines Titels". "Die Zahl derjenigen, die sich "Professor nennen, steigt rapide an. Um für diesen Titel in Deutschland überhaupt qualifiziert zu sein, werden ein Uni-Studium, ordentliche Pormotion, fünf Jahre Berufserfahrung sowie Lernerfahrung und Publikationen erwartet."

Früh übt sich.... .Laut eines Artikels in der "Welt" vom 22. Sept, 2003 hat sich der "Superstar" Daniel Küblböck (18) um akademische Würden bemüht. Er ersuchte die Cosmopolitan University in Vina del Mar in Chile um die Verleihung eines Ehrendoktors. Die Universität lehnte ab.

Siehe auch: Plastinator trägt falschen Titel

Zwei Buchstaben auf Bestellung Das Geschäft mit falschen Doktortiteln blüht vor allem im Internet – und könnte künftig noch einfacher werden
 



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