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Herrn Klaus Kastan - Tagesgespräch
 Hörerbrief vom 02.10.2005 zum 10. Jahrestag des Tagesgesprächs

 

10 Jahre Tagesgespräch

Lieber Herr Kastan,

zunächst, meine Anerkennung zum 10jährigen Bestehen der Sendung. Ich höre sie unvermindert stark daran interessiert, weil sie mir – trotz – gelegentlicher, aber regelmäßiger Störeffekte (s. u.) viele Erkenntnisse und Informationen bringt, die mein Wissen erweitern und meine Meinung bestätigen oder in Frage stellen und daher Anlaß zum Nachdenken sind.

Für die Zukunft schicke ich Ihnen und den Damen und Herren der Redaktion einen herzlichen Glückwunsch (zur Definition des Glückwunsches). Ich hoffe, daß ich noch viele Jahre mittags beim Essens zuhören kann.

Den regelmäßigen Aufruf zu Anregungen und Kritik gab es ja schon einmal („Radiopost“). Mein dafür eingerichteter Zettelkasten mit Stichwörtern füllte sich von Sendung zu Sendung. Zum Schreiben kam ich allerdings nicht mehr. Die Sendung wurde abgesetzt. 

Nun, zum Jubiläum mit der erneuten Aufforderung zu „Für und Wider“ erwog ich, die gesammelten Aufzeichnungen darzulegen. Doch meine Erfahrung, wonach meine bisher persönlich mitgeteilten Hinweise auf sprachliche und protokollarische „Unebenheiten“, ja sogar Eigenwilligkeiten sehr häufig ohne Erfolg blieben, dämpften meinen Elan.

So werden bspw. weiterhin Promovierte verstümmelt betitelt, obwohl doch die akademische Ausbildung der Studiogäste für die Beurteilung der Fachkompetenz dem Hörer/Seher sehr willkommen und auch Ausdruck der Informationswilligkeit der Redaktion wäre. 

Trotz meiner wiederholten Hinweise auf die Konjunktivitis wird weiterhin „würde“ verbreitet. Sie stärkt damit die schon vorhandene Tendenz zu würde-vollen Sätzen, besonders Fragen. Schließlich würde die Sendung nicht moderiert, solange sie gerade moderiert wird. Ein Fachmann nennt es „indikativen Mißbrauch des Konjunktivs“.

Auch die widersinnige Selbstbedankung und die Unkenntnis einiger Feinheiten der deutschen Sprache (z. B. scheinbar/anscheinend, mehrfach/mehrmals, Worte/Wörter, multiplizierter Komparativ) sowie die Verwendung von Sprechblasen und Alltagsfloskeln (ich sag’ mal, sozusagen, ich denke, fähig als falsches Suffix, davon ausgehen, vorgezogenes „weil“) verführen zur Nachahmung und geben dem Duden Gelegenheit und Grund, alle diese negativen Spracheigenheiten seinem Auftrag gemäß in seinen Wörterbüchern aufzunehmen. Gerade weil Sie alle so symphatisch und versiert auftreten, ist Ihr Einfluß auf die zahlreichen Hörer/Seher so groß und dementsprechend auch die meist unbewußte Einordnung in deren Sprachschatz so wirksam. Ich habe bisher keinen Anhalt dafür erhalten, daß auch nur eine(r) der von mir Angeschriebenen der Redaktion einen Blick in meine Website gewagt hat. Dort sind alle genannten und weitere Sprachverhunzungen aufgelistet und meistens ausführlich erläutert.

Heute stieß ich auf einen der Briefwechsel mit Ihnen aus 2003. Da juckte es mich, Ihnen doch noch zu schreiben. Obwohl einige Artikel in Wartestellung in Word liegen, um meine Website mit der 1000sten Seite (Site) zu füllen.

Ach ja, lieber Herr Kasten, eine Ihrer liebenswürdigen Schwächen ist die falsche Betonung von Wörtern in einem Satz. Sie ist vorwiegend bei Sportreportern anzutreffen. Ich war das ja auch mal bei der Münchner Abendschau so nebenbei (1962 bis 1982 mit über 800 Sportberichten) und habe das stets vermieden. Beispiel: „Das Tagesgespräch IST eine Sendung für die Hörer des Bayerischen Rundfunks!“ Das Wort „ist“ betonen Sie als Auswahl zwischen „ist“, „war“, wird ... sein“ usw. Es kommt aber nur „ist“ in Frage. Die einzig sinnvolle Betonung müßte auf „Bayerischen Rundfunks“ liegen.

Ich beende meinen Brief gemäß der letzten der 37 Strophen meines Gedichtes, das ich Ihnen zum Jahreswechsel 2000/2001 geschickt hatte, ohne je eine Antwort zu erhalten. Das würde dafür sprechen, daß Sie Hunderte derartiger Schreiben erhalten hatten – oder ich muß Ihre mich ein wenig tröstende Bemerkung aus der letzten E-Mail (hoffentlich nicht die letzte) auch darauf beziehen, daß alle meine Mails beachtet, aber nicht beantwortet würden.

Und wenn ich mal gestorben bin,
lieg’ einsam in der Erde drin’,
der Körper unten und der Geist im Himmel:
Trotz Halleluja und dem heiligen Gewimmel,
im Fegefeuer ist es sicher sehr viel wärmer,
ich werde täglich hören BR2


Ihr Ulrich Werner und mit herzlichen Grüßen


 



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