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Schavan im Verdacht der Schavanerei

  Wissenschaft fordert Redlichkeit

Leserbrief an die SZ von Ulrich Werner, am 18.10.2012

 

An die SZ München                                                         18.10.2012
Zur Schavanerei im Oktober 2012

Zahl und Umfang der Berichte in der Angelegenheit Frau Schavans Doktorarbeit sind trotz ihrer Sachlichkeit wie schon im Fall Guttenberg im Vorjahr deutlicher Ausdruck des absurden deutschen Titelwesens. Manche Beobachter des Begutachterstreits fragen sich, na, wird am Ende die Beschuldigte mit „Dr. Schavan“ oder mit „Frau Schavan“ angesprochen werden. Im zweiten Fall wäre sie ein akademischer Niemand, weil Sie nicht einmal ein Staatsexamen hat.

Streng genommen sollte diese Frage gar nicht entstehen können. Doktorgrade sind laut Rechsprechung höchster Gerichte (BVG, BGH) KEIN Bestandteil des Namens Daher ist eine Anrede mit dem sog. „Titel“ (, der keiner ist,) sowieso überflüssig. d. h. es besteht weder ein Anrecht darauf noch ist sie erforderlich.

Das deutsche Titelwesen, mittlerweile zu einem kleinkarierten Titelzirkus mit Unredlichkeiten und Betrug verkommen, wird weltweit (ausgenommen in Österreich) mit Unverständnis belacht. Infolge der unbegründeten Überbewertung des Titels wird das gesellschaftliche Ansehen des Promovierten schlagartig und ohne plausiblen Grund lebenslang besonders beachtet.

Es wird höchste Zeit, die Ursache der Titelgier zu beseitigen und die Einteilung der Gesellschaft in Promovierte und Nichtpromovierte, denen sogar Vollakademiker zuzurechnen sind, zu beenden. Vor 5 Jahren hatte der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble versucht, den urteilswidrigen Eintrag des Doktorgrades in Pass und Ausweis abzuschaffen. Doch er scheiterte im Bundesrat am Veto von Günther Beckstein, Innenminister in Bayern. Seine Begründung: Erhalt der Tradition.

Ich schlage vor,
der amtliche Missbrauch der Hochsicherheitsdokumente Pass und Ausweis wird sofort beendet,
der Doktorgrad wird vollständig, d.h. mit Angabe der Fakultät hinter dem Namen genannt
und die Dissertationen werden an zentraler Stelle für jeden Bürger leicht einsehbar gespeichert.

Es bleibt jedem Titelträger überlassen, seine akademische Bildung auf Visitenkarte, Briefbogen und Türschild zu dokumentieren.

Auf dem Weg zu einer vorurteilsfreien Gesellschaft könnte der Bundestag sofort beginnen, die penetrante Bedokterung der Abgeordneten im Plenum einzustellen

Ulrich Werner

 



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