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Gehirn - Geist / Gehirn u. Geist ZEIT / 2008/11 / T.Die Diagnose
 

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Die Diagnose
 Träume von Krankheiten machen uns verständlicherweise Angst. Woher sie rühren kann, erklärt Ortrud Grön am Beispiel einer Leserin

ZEIT Online vom 12.3.2008

 Vorbemerkung von Ortrud Grön:
Sie werden bei den Antworten zu den Träumen sehen, dass ich nicht in der Lage bin, die seelische Situation des Träumenden konkret zu benennen. Dazu sind persönliche Gespräche erforderlich. Ich kann Ihnen hier nur den Weg in die Selbsterkenntnis bahnen. Das aber kann ich aufgrund der Bilder und ihrer objektiven Bedeutung.
Darüber hinaus sind Ihre persönlichen Assoziationen notwendig, um differenziert zu erkennen, wie Sie Ihren Wunsch nach Befreiung noch verhindern, vielleicht aber auch, wodurch Sie disharmonische Gefühle und Gedanken schon auflösen. Je präziser Sie Ihre Assoziationen schildern, umso hilfreicher kann ich auf Ihren Traum eingehen.
Meine Bereitschaft, auch ohne persönliche Gespräche mit den Träumenden etwas zu den Träumen zu sagen, entspricht meinem Bedürfnis, Menschen wieder mit der Gleichniskraft der Bilder unserer Welt vertraut werden zu lassen – eine Fähigkeit, die in der heutigen Zeit weitgehend verloren gegangen ist.

Traum: Diagnose beim Arzt
Ich gehe zur Ärztin mit der Behauptung ich hätte Krebs. Bei Verkündung der Diagnose sitze ich der Professorin in ihrem Zimmer gegenüber. Uns trennt ein wunderschöner, geölter langer Designer-Tisch aus edlem Tropenholz mit offenen, leeren Schubfächern darunter.
Ich streiche mit meiner Hand darüber und empfinde ein angenehmes Gefühl dabei. Die Holzplatte ist aber in der Mitte geteilt und ich denke: Wunderschön, nur als Esstisch ist er nicht zu verwenden, nach jedem Essen könnten Krümel durchfallen. Fiele ein Glas Rotwein um, flösse dieser direkt durch den breiten Spalt auf den Fußboden. Aber als Tisch im Arztzimmer finde ich ihn in Ordnung.

Die Professorin sitzt ein bisschen seitlich, den weißen Kittel offen, auf einem rollenden Schreibtischstuhl mit einer hohen Lehne. Sie hat einen Kugelschreiber in der Hand, mit dem sie immerzu nervös auf den schönen Tisch klopft, was mich nervt. Sie schaut mich freundlich und offen an. "Ja, Sie haben Metastasen, nun raten Sie mal, wo?"

Ich rate "Leber", denke an Alkohol - "Nein", sagt sie.

Ich rate "Gehirn", denke an meine Vergesslichkeit - "Nein", sagt sie.

Ich rate "Lunge", denke an meinen früheren heftigen Zigarettenkonsum - "Nein", sagt sie.

Ich frage "Etwas Gynäkologisches?" und denke an Sex - "Nein", sagt sie - "in der Milz und in der Haut."

Ich bekomme einen Schreck.
(weiblich - 56 Jahre)

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