Wörter des Jahres
Geierfonds. (Lehnübersetzung von engl. vulture fonds). Eine sehr treffende Bezeichnung für Geldunternehmen (Investmentfonds, Hedge Fonds), die wie Geier über sterbenden Firmen kreisen, ihre Aktien spottbillig erwerben und sie dann ausweiden, d. h. alles verkaufen, was noch zu verkaufen ist, anstatt der Firma mit dem übriggebliebenen Werten wieder auf die Beine zu helfen. Vor Geierfonds graut selbst den nicht sonderlich zimperlichen Wall-Street-Aktionären. Der Geierfonds, der die darniederliegende österreichische Bank BAWAG übernommen hat, heißt mit grimmigem Humor denn auch Cerberus (wie der Höllenhund der altgriechischen Mythologie). Noch blutrünstiger sind die Geierfonds, die uralte, längst aufgegebene Schuldscheine hungerleidender Entwicklungsländer aufkaufen und diese dann mit Gerichtsverfahren zur Zahlung der Schulden mit Zins und Zinseszins in riesiger Höhe zwingen.
Knuddel-Knutsch. Kosename für das beliebteste Eisbärenjunge Deutschlands (vielleicht auch Österreichs). Besonders ansprechend ist die Verbindung von Knut mit Knutschen durch einen Apostroph unter gleichzeitiger Verwendung eines Stabreims (Alliteration: Kn-, Kn-. Knuddeln und Knutschen bedeuten in Deutschland soviel wie "schmusen").
E-Müll. Verdeutschung für Spam, eine unerwünschte Werbe-E-Post. Weltnetzbenützer (Internet-User) kennen das tägliche Ärgernis: man öffnet seinen elektronischen Briefkasten, und es liegen Dutzende, wenn nicht Hunderte Werbeschreiben darin, meist sehr gewöhnlichen Inhalts. Der Ausdruck E-Müll ist so knapp wie Spam und für die meisten wesentlich durchsichtiger als dieses (Spam kommt von Spiced Ham "gewürzter Schinken", eine Dosenfleischmarke).
Komasaufen. Mutprobe, die zu hoher Ehre unter Gleichgesinnten führen kann oder zu einem frühen und völlig sinnlosen Tod eines Minderjährigen.
Unwörter des Jahres
Trojaner. Als Trojaner wird ein Programm bezeichnet, das neben der dem Verwender genannten Funktion heimlich andere Funktionen ausübt, oft zum Schaden des Benutzers. Der Besitzer eines Rechners lädt beispielsweise aus dem Weltnetz (Internet) ein für ihn nützliches Programm herunter, und dieses schickt Hinweise über den Rechnerinhalt an den Entwickler des Trojaners. Allgemein bekannt wurde der Begriff heuer/dieses Jahr, als die Parteien darüber stritten, ob es der Polizei gestattet werden könnte, Terrorverdächtigen Trojaner auf ihre Rechner zu schicken. Ein Unwort ist Trojaner deswegen, weil sich nicht die Trojaner heimlich ins Lager der Griechen einschlichen, sondern umgekehrt die Griechen in die Stadt der Trojaner (Troja = Ilion), und zwar mit Hilfe des von Odysseus ersonnenen Trojanischen Pferdes. Ursprünglich hießen diese Programme auch Trojanische Pferde, die Verkürzung zu Trojaner ist eine Verkehrung ins Gegenteil.
EU-Vertrag. Ganz gleich, wie man zur EU und zu diesem Vertrag steht, die Umbenennung der von einigen Bevölkerungen bei Abstimmungen abgelehnten EU-Verfassung in EU-Vertrag, der dann ohne Abstimmungen eingeführt wird, ist Etikettenschwindel.
Eine studentINNENische Gruppe. Eine von der Sprachschönheit her nicht überzeugende Bildung.
Efrauzipation. Das Wort man in Emanzipation soll dadurch ausgemerzt werden.
Beide Wörter entspringen einem gewissen Übereifer, welcher dem Anliegen in der breiten Öffentlichkeit eher schadet als nützt. Daß manche glauben, in dem Wort Emanzipation stecke das Wort man oder Mann, zeugt von beschämenden Wissenslücken in der Etymologie. Wie schon die Endung -tion zeigen sollte, stammt das Wort aus dem Lateinischen. Die Vorsilbe e- oder ex- bedeutet "aus", und mancipare (von manus "Hand" und capere "ergreifen") "als Besitz geben". Emanzipation bedeutet also ursprünglich "Entlassung eines Sklaven aus der Hand seines Herren" und wurde tatsächlich für die Entlassung der Sklaven in den V. St. v. A. gebraucht.
Freiwillige Wehrpflicht. Propagandawort. Ein Widerspruch in sich.
Sprachwahrer des Jahres
Wird noch gesucht!
Kaiser von Dengland
Wird noch gesucht!
(Die Wörter und Unwörter 2001, 2002, 2003, 2004, 2005 und 2006 können Sie weiter unten auf unserer Heimseite finden).
Dr. Gottfried Fischer Schriftleiter des Vereins "Muttersprache", des größten Sprachpflegevereins Österreichs H.: 0699.1.944.57.81 1070 Wien, Schottenfeldgasse 95/20 Weltnetz: http://homepage.univie.ac.at/goetz.fischer/WienerSprachblaetter.htm
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