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Sprachsünder-Ecke: Entdeutschung als Programm?
 Österreichische Bundesregierung: Von Antistalking bis Zero vision
Von Richard G. Kerschhofer 

Deutsche Sprachwelt AUSGABE 28 Sommer 2007, S. 10
Abdrucke mit freundlicher Genehmigung der DEUTSCHEN SPRACHWELT

An dieser Stelle stellen wir Sprachsünder vor, die besonders unangenehm aufgefallen sind, und rufen unsere Leser zum Protest auf

Das österreichische Regierungsprogramm 2007 habe ich wieder mit einem Rechtschreibprogramm geprüft. Da das Programm zum Glück recht dumm ist – gemeint ist natürlich das zur Rechtschreibprüfung – zeigt es alles ihm Unbekannte als Fehler an, so etwa KundInnenorientierung, Mikrokreditfazilität, kozufinanzieren, nonformal, Positivprädikatisierung, Verwertungsgesellschaftsgesetz, Kampagnisierung, Pensionskassenpensionisten.

Ebenso angezeigt werden „Gastwörter“ und Mischlinge. Dabei fällt auf, daß Groß- und Kleinschreibung, Getrennt- und Zusammenschreibung sowie die Verwendung von Bindestrichen völlig uneinheitlich gehandhabt werden. Ist eben eine Koalitionsregierung. Zuweilen wird einer deutschen Bezeichnung ein englischer Ausdruck in Klammern beigefügt! Etwa zum besseren Verständnis?

Während „Gender Mainstreaming“ im letzten Regierungsprogramm noch vorkam, war das 2007 offenbar nicht mehr nötig. Im Text niedergeschlagen hat es sich teils mit „und“ („Bürgerinnen und Bürger“), teils mit „/innen“, teils mit dem „Binnen-I“ (BürgerInnen) und teils nur mehr mit der weiblichen Form. Doch ist das nicht auch wieder Diskriminierung? Der dafür geltende Fachausdruck „positive discrimination“ findet sich jedenfalls nicht im Regierungsprogramm.

Und hier ist die Liste der Kuriositäten: Antistalkinggesetz, Bachelorlehrgang, Bachelor-Studienabschlüsse, Battle-Ground-Konzept, Benchmarks, best-practice-Modelle, Bottom-up, Carrier, Case-Management, Bildungscluster, Clusterbildung, Investorencluster, Exzellenzcluster, Coaching-Modell, Gründer-Coaching, Code of conduct, Content-Unternehmen, Corporate Governance, Corporate Social Responsibility, Governancestrukturen, Corporate Governance Richtlinien, Director’s Academy, disabilityflexicurity, e-government-Initiative (und ähnlich -Strategien, -Angelegenheiten, -Dienste, -Services), E-learning, e-voting, e-Medikation, e-Rezept, Energie-Check, Qualifikationscheck, Jugend-Check, Fairness-Regelungen, Verfahrensfairness, Gender-medicine, Transgender-Personen, Headline Goal, Headquarter-Politik, F&E Headquarter, host cities, IKT-Taskforce, Implacementstiftungen, InsiderInnenhandel, Job-rotation, Kriminalitäts-Hot-Spots, leading competence units, liquid natural gas, Gaspipeline, Mentoring-Programme, Mobile-TV, Bildungsmonitoring, Native speakers, one-stop-shops, one-stop-shop-Prinzip, One stop-Prinzip, One-Stop-Security, Online-Medien, Overheadzahlungen, Patchwork-Beziehungen, Postdocs, Public Health, Printmedien, Road Map, Screeningprogramme, Spin offs, Standard Cost Model, Stand-by, Start-ups, Stock-Option-Pläne, tenure track, Vienna Biocenter, Work life Balance Management, Zero vision.

„Zero vision“ steht dank Sortierung am Schluß – ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt. Und hier noch ein Ratschlag für alle, die sich in ähnlicher Weise deutsche Regierungsprogramme und amtliche Texte vorknöpfen wollen: Möglichst ein älteres Rechtschreib-Programm verwenden, denn neue Versionen könnten manchen Unfug bereits als „richtig“ werten und daher gar nicht mehr anzeigen.

Warum spricht die Österreichische Bundesregierung  nicht die Sprache ihrer Bürger? Schreiben Sie an den Bundeskanzler und lassen Sie uns bitte ein Doppel zukommen:

Sprachsünder Österreichische Bundesregierung, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz 2, A-1014 Wien, Telefon +43-1-53115-0, post@bka.gv.at

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