Ponkie schreibt über diese wortreiche Jahr, „in dem wir Papst und Bundeskanzlerin wurden. Es hätten sich die Dinge (und Wörter) so schnell wie eine Wetterfahne um die eigene Achse gedreht: „Wir waren Deutschland, Protz-Fußball und TV-Trash - wir waren „Wähler", die Welt und die Politik. Und jedes Wort trägt an der Schwelle zum Jahr 2006 das dazugehörige Unwort bereits in sich - neue Chamäleon-Wörter lauern uns auf, um schamlos die Farbe zu wechseln.
Die fade Merkel'sche Wahlkampf-Floskel von den „Menschen im Lande" klinge, so Ponkie weiter, heute bereits nach Mäuseplage im Hungerturm, gehätschelt von einer Bande von Polit-Strolchen auf der Lobby-Leimrute. Der Agrarminister Seehofer pfeife längst auf Künasts lästigen „Verbraucherschutz" - obwohl uns das „Gammelfleisch" noch in die Nase stinke. Die „Heuschrecken"-Konzerne sprühten ihre Standort-Insektizide gegen störende Arbeitnehmer, obwohl ihr Profit-Pegel steil nach oben schieße. Und dass sich die „Tsunami"-Erfahrungen häuften, das schere die Klima-Verpester einen Dreck.
Die Wohltöner und Schönredner, die WellnessSprachler und Zwecklügner, die auch in der Großen Koalition ihren kleinen parteipolitischen Reflexen treu bleiben würden, seien um neue „Moralkeulen" (Unwort von 1998) nicht verlegen. Übrigens wäre ein Unwort des Jahres 1998 der Begriff„Separatorenfleisch" gewesen „er galt der Profitmaximierung durch Fleischabfall nach aktueller Kapitalisten-Art. Man sehe: Es gibt nichts Neues unter der Sonne.
Unsterblich sei auch das Wort „Heckenschütze" - aber das falle im Karrieregerangel der Hinterbänkler schon keinem mehr auf. Und der „Bedarfskatholik" Harald Schmidt habe sich mit seinem Kompetenz-Klingelbeutel alle Panik-Wörter der Mediengesellschaft gegriffen, um im gnadenlosen Konkurrenzkampf um das quotengerecht glotzende Sofatier im Zuschauer den richtigen Zugriff auf den Spaß-Faktor zu erwischen: Die Show-Nutzung von Krieg und Katastrophen-Pathos und die Talk-Attacken auf die TV Event-Maschine samt Papstbegräbnis-Inszenierung, Adels-Hochzeiten und Mundwinkel-Metamorphosen der Kanzlerkandidatin hätten uns alle Variationen zwischen Raubtier-Kapitalismus und Genuss-Katholizismus geboten.
2005 seien Landtagswahlen zu Medien-Soaps und die Schlagzeilen eines Schlag-zu-Straßenblattes zu Sprach-Granaten geworden. Was dennoch mißlungen sei, weil halt immer etwas dazwischenkäme: Das „Durchregieren" der Kanzlerin zu einer „Politik aus einem Guss". Aber der unregierbare Durchwähler könne sich einen langen Geduldsfaden leisten - er sei ja Papst.
Nur die Mediensprache schreite weiter im Transrapid-Tempo fort: Kaum sei das „hoyzern" out und die Schleichwerbung gegessen, da werde gekoflert, dass der Victory-Ackermann wie ein Waisenknabe dastehe. Und wie ein Plastik-Himbeerpudding klebe das Wort „Telenovela" an der TV-Fastfoodbude 2006. Kein „Sparzwang" kriege das klein.
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