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Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Das deutsche Titelwesen XXXXXXXXXXXXXXXX / MACHT UND SCHEIN der Titel / Die Dissertation
 

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Die Dissertation
Die geheime Grundlage für Ansehen und Rang

Neben den Diplom-, Master- und Bachelorarbeiten nimmt die Dissertation eine Sonderstellung ein. Denn sie ist als schriftliche Abschlussarbeit an Universitäten und Hochschulen die Voraussetzung für das Erlangen eines Doktorgrades, dem Zeichen für besondere geistige Fähigkeiten. Im Erfolgsfall geht dann nichts schneller als das Kürzel Dr. vor den Namen zu setzen. Die Visitenkarten sind meistens schon gedruckt. Die Angehörigen, besonders Vater und Mutter sind stolz auf Tochter oder Sohn; die nicht minder auf sich, mit Recht. Sonst erfährt die Öffentlichkeit nichts Näheres über das Studium der frisch Dekorierten wie z. B. Thema, Fakultät (Studienfach) und wissenschaftlicher Erkenntniswert. Auch das immer ferner liegende Abschlussjahr wird von Jahr zu Jahr unwichtiger. Gelegentlich werden Seitenzahl und Dauer des Promotionsverfahrens hervorgehoben, und zwar als Beweis für die außergewöhnlichen geistigen Fähigkeiten des Verfassers. Offenbar herrscht allgemein ein unerschütterliches Vertrauen in die Objektivität und die Sachkunde des Promotionsausschusses der Universität. Niemand wollte wissen, weder die Patienten noch die Gesunden, unter welchen Bedingungen die Mediziner den einst noch seltenen Doktortitel erworben haben, um sich als studierte Heilkundige zu kennzeichnen und von diesen „Quacksalbern“ deutlich zu unterscheiden. Mittlerweile scheint es Tradition geworden zu sein, die medizinische Qualifikation des Onkel Doktor bedenkenlos anzuerkennen. Diese Großzügigkeit hat sich im Laufe der Zeit nicht nur gefestigt, sondern sie wurde mit der Ausbreitung des Bildungswesens auf eine Vielzahl von Fachrichtungen übertragen. Tausende von Dissertationen liegen nun unbeachtet in Archiven. Ein Schleier verhüllt den Inhalt dieses wichtigsten Leistungsbeweises im Promotionsverfahren, obwohl die  Promovierten durch das mehr oder weniger mühsam erarbeitete Kürzel (Dr.) in einen lebenslang geltenden Stand eines geistig besonders hochstehenden und leistungsfähigen Menschen gehoben wurden. Sogar moralische Verfehlungen können die akademische Würde nicht ankratzen.

Die Recherche oder das Suchen im Heuhaufen

Die Mehrzahl der Dissertationen ist mit Fleiß und Gewissenhaftigkeit abgefasst und enthält jeweils hervorragende, teilweise sogar bahnbrechende wissenschaftliche Erkenntnisse. Sie sind nicht selten der Beginn einer Forscher- oder anderen Tätigkeit zum Vorteil der Gemeinschaft. Bekannt werden diese Arbeiten jedoch allenfalls in unmittelbarer Umgebung des Verfassers.
 
Das Promotionsverfahren enthält die Verpflichtung, eine bestimmte Anzahl von Exemplaren der Dissertation abzuliefern, um sie an Universitäten und Bibliotheken zu verteilen. Aber wo und unter welchem Zeichen sie einsehbar sind, bleibt dem Normalbürger verborgen. Durch das staatlich verordnete Weglassen der Fakultät in der Titelbezeichnung gerät das Studienfach des Promovierten, falls es überhaupt einmal bekannt war, von Jahr zu Jahr immer mehr in Vergessenheit, besonders dann, wenn der Herr Dr. in einem anderen als seinem Studienfach tätig ist. Datenbanken (z. B. DissOnline, IBIT, Quellensammlung zu "Dissertationen Online") ermöglichen zwar grundsätzlich die Einsicht in Dissertationen, falls die Schrift hinterlegt ist. Vielleicht wird der Suchende in der örtlichen Bibliothek fündig, wo er auch Hilfe erhalten kann. Im Internet steht ihm jedoch  Einiges bevor. Wer sich nicht im Bedienen einer Datenbank auskennt, braucht viel Zeit, bis ihm die Plage zu viel wird und er aufgíbt, ohne die gesuchte Schrift oder wenigstens Titel, Jahr und  Seitenzahl gefunden zu haben. Wenigstens der Internetkundige möchte mit möglichst wenigen Aktionen, bspw. mit den Suchwörtern „Dissertation“ und „Name des Autors“ zum Ziel kommen. So lange dies nicht gewährleistet ist, muss der Ausfluss wissenschaftlicher Kompetenz unserer geistigen Elite als unbekannt und unauffindbar gelten. 

Das Misstrauen

Es darf dann auch nicht verwundern, wenn die geforderte wissenschaftlich-geistige Substanz von Dissertationen immer wieder angezweifelt wird, vor allem mit dem Hinweis auf den Inhalt von bekannten Schriften, deren Mangel an außergewöhnlichen Ideen offensichtlich ist (Folgerung: Dann wird in den anderen auch nicht mehr enthalten sein). Dennoch wird von den Promovierten der leiseste Zweifel an ihrer besonderen wissenschaftlichen Leistung „mit Nachdruck“ zurückgewiesen, nicht ohne das bekannte Neid-Argument zu erwähnen. Wirksamer wäre es, die Dissertationen allgemein zugänglich zu machen. 
  
Das geschützte Kleinod

Auch direkt angesprochen fallen die Promovierten nicht gerade durch Mitteilsamkeit auf. Der ehemalige Ministerpräsident Bayerns Günther Beckstein (Dr. jur. in 1975) ließ es ablehnen, mir seine  Dissertation zur Verfügung zu stellen. In seinem Auftrag erklärte Regierungsdirektor Sommer (Dr. vielleicht jur.?).

in einer derartigen Veröffentlichung von Dissertationen keinen Mehrwert erkennen zu können. In aller Regel behandele sie ein sehr spezielles, heute oft wissenschaftlich überholtes Thema, das mit der aktuellen beruflichen Tätigkeit des Promovierten in keiner Verbindung mehr stehe.

Wäre es dann für Herrn Beckstein nicht längst Zeit, den Doktorgrad abzulegen?

Die bildungspolitische Tradition

Davon ist Herr Beckstein weit entfernt. Ausgerechnet er sorgte durch seinen Einspruch im Bundesrat im Jahre 2007 dafür, dass die von Innenminister Schäuble endlich eingeleitete Nichterwähnung des Doktorgrades in der Namenszeile des Passes nicht durchgeführt wurde. Es sollten der enorme Verwaltungsaufwand in den Passbehörden verringert und internationale Gepflogenheiten übernommen werden. Die im Jahre 1962 durch BGH-Urteil bestätigte Tatsache, dass akademische Grade kein Bestandteil des Namens und nicht zur Identifizierung einer Person erforderlich sind, war nach wie vor kein Argument (und wird es wohl nie werden) gegen die geballte Kraft einer zwar vollakademisch gefestigten, aber wissenschaftlich fragwürdigen und dennoch erfolgreichen Forderung (oder war es ein Hilfeschrei komplexbeladener Versager?), der Doktortitel müsse aus bildungspolitischer Tradition im Ausweis erhalten bleiben. Ob da ein Zusammenhang mit dem Verheimlichen von Dissertationen besteht? Wie müssen die Traditionalisten erst gelitten haben, als die Angabe der Religionszugehörigkeit im Pass gestrichen worden ist.

Das Verfallsdatum 

Eigentlich wäre es unter Hinweis auf den Ablehnungsgrund aus dem Büro Beckstein angebracht, für Doktorgrade ein Verfallsdatum einzuführen, das dann wirksam wird, wenn der Promovierte nach dem Studium studienfachfremd tätig oder eine bestimmte Zeit seit der Promotion verstrichen ist. Was, wenn die einst bewiesene (?) und immer wieder betonte Fähigkeit, selbstständig wissenschaftlich denken und arbeiten zu können, im Laufe der Jahre geschwunden oder gar völlig abhanden gekommen ist? Beispiele dafür werden täglich geliefert.
   
Es soll vorkommen, dass sich die Promovierten überhaupt nicht mehr an ihre Dissertation erinnern. Ein markantes Beispiel gab der Telefonjoker in der Jauch-Sendung „Wer wird Millionär“ am 17. November 2008 (ca. 8 Mill. Zuschauer). Der Kandidat wählte seinen Vater, einen „Doktor der Biologie“, um ihm zu helfen. Als Jauch den Vater wiederholt nach dem Titel seiner Doktorarbeit fragte, konnte er sie ihm nicht nennen, er habe sie vergessen. Jauch bezweifelte daraufhin dem Sohn gegenüber, dass er (sein Vater) kein richtiger Doktor sei.  

Die Sonderstellung

Die hartnäckig von den Promovierten gegenüber den Diplomierten verteidigte Sonderstellung, z. B. bei der Frage des Passeintrages des Doktorgrades, wird trotz praktizierter Geheimhaltung der Dissertationen immer wieder mit der besonderen Wissenschaftlichkeit der dargebotenen Erkenntnisse begründet. Für das Gegenteil gibt es ebenfalls Belege. So ist bspw. der Dr. med. schon mit Ende des Studiums erreichbar. Die medizinische Dissertation entspricht häufig eher Diplom- oder Masterarbeiten und liegt sogar, wenn sie auf die Beurteilung von selbst ermittelten Statistiken gerichtet ist. unter deren wissenschaftlichen Niveau.   

Das Forum für Geistesblitze

Um den Promovierten zu ermöglichen, alle Bedenken gegen die Berechtigung ihrer akademischen Auszeichnung zu zerstreuen, biete ich ihnen an, auf meiner Webseite ihre Dissertation, die ersten zehn Seiten, eventuell eine Zusammenfassung, zu veröffentlich oder wenigstens anzugeben, wo sie ohne besondere Umstände einsehbar oder als Kopie zu erwerben ist. Auch Diplomierte, Master und Bachelor können belegen, dass die Herabsetzung ihrer Abschussarbeiten für das Studium unbegründet und diese mit dem Inhalt von Dissertationen vergleichbar.

Lebenslänglich?

Es wird bezweifelt, ob die lebenslang wirksame Dekoration der Promovierten mit dem Doktortitel gerechtfertigt ist. Auch derjenigen, die den Titel auf unreelle Weise erworben haben, genießen diese Sonderstellung, wodurch alle Akademiker ohne Doktorgrad diskriminiert und die „echten“ Titelträger herabgesetzt werden. Außergewöhnlich gehaltvolle Dissertationen lassen sich durch spezielle Bezeichnungen hervorheben, falls deren Verfasser nicht zu den selbstbewussten Menschen gehören, die das akademische Glockzeichen nicht benötigen.

Macht und Schein der Titel - Akademische Grade und Titel verursachen Vorurteile, Unsicherheit und Unredlichkeit

Das deutsche Titelwesen - Akademische Grade und Titel

21.11.2008



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