Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Doktor-Grad, Übersicht / Dr.-Grad im Personalausweis - Appell / Die akademische Leuchtboje
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Der Doktorgrad

 Die akademische Leuchtboje mit abnehmender Leuchtkraft 

 

Die am 29. 01. 2007 (Drucksache 16/4138) im Innenministerium unter der damaligen Leitung von Wolfgang Schäuble, Dr. jur., gewissenhaft vorbereitete sowie ausführlich und stichhaltig begründete Vorlage zum Passgesetz hatte das Ziel, die seit Jahrzehnten übliche Eintragung des Doktorgrades im Ausweis abzuschaffen. Dieser von den Promovierten sehr geschätzte Brauch war zwar staatlich verordnet, ignorierte jedoch hartnäckig die Rechtsprechung des BGHs im Jahre 1962. Er hatte  verkündet, dass Doktorgrade kein Bestandteil des Namens sind. Die Angabe des Titels im Ausweis ist somit unbegründet; er ist auch überflüssig, weil er  zur Identifizierung der Person nicht erforderlich ist. Auch eine Reihe von sachlichen Gründen sprach und spricht nach wie vor gegen den Eintrag und für das Weglassen der akademischen Verzierung des Namens. 

Einer davon besteht darin, dass der lebenslang geltende Doktorgrad von Jahr zu Jahr an Beweiskraft für außergewöhnliche Leistungsfähigkeit verliert. Die mit zeitlichem Abstand vom Doktorexamen zunehmende Einschränkung der Bildungsgarantie wird auch nicht durch übertriebenes Festhalten an traditionellen Privilegien ausgeglichen, die nur noch durch Vorurteile gesichert sind. Der Doktorgrad suggeriert als Statussymbol überdurchschnittliches Wissen, Können und Leisten. Das mag ja in manchen Fällen und anfangs stimmen, aber nicht lebenslang. Alle Akademiker mit Staatsexamen oder mit Diplom werden wie Akademiker 2. Klasse behandelt, Sie müssen sich ihr Ansehen mit Leistung erarbeiten, immer wieder. Die Promovierten profitieren ihr Leben lang vom einmaligen Ergebnis einer Dissertation, deren wissenschaftlicher Wert unbekannt bis zweifelhaft ist. Falls dieser von Anfang an bestand, dann verliert er ihn von Jahr zu Jahr.

Auch besteht ein ständig geringer werdender bis kein Bezug mehr zur aktuellen Tätigkeit des Promovierten. Die zwei Buchstaben Dr belegen ohnehin nur, dass der Promovierten das Studium mit der Dissertation erfolgreich abgeschlossen hat. Mangels Angabe der Fachrichtung bleibt offen, auf welchem Fachgebiet der Promovierte sein Spezialwissen erarbeitet hat. Erst nach ziemlich umständlich zu erlangender Kenntnis des Themas der Dissertation wird es offenbar und nachprüfbar.

Warum der Berechtigungsnachweis zum Führen des Doktorgrades so beharrlich vernebelt wird, kann nur vermutet werden. Ein Grund, nämlich die Abschwächung der Beweiskraft hat mir ausgerechnet der Politiker bestätigt, der mit seinem Hinweis auf die Tradition die  kontradiktorische (Fehl-)Entscheidung im Bundesrat im Jahre 2007 verursacht hat: der Vertreter des Landes Bayern Günther Beckstein. Ich bat ihn, mir seine Dissertation über das Thema  „Der Gewissenstäter im Strafrecht und Strafprozeßrecht“ für meine Webseite zur Verfügung zu stellen. Ich wollte der Allgemeinheit Gelegenheit geben, den wissenschaftlichen Gehalt der Doktorarbeit eines bekannten Politikers würdigen zu können.  Doch sein Staatssekretär antwortete mir, er könne mir für eine Veröffentlichung der Dissertation von Herrn Staatsminister auf meiner Internetseite keine Zustimmung erteilen. Er meinte, in einer derartigen Veröffentlichung von Dissertationen keinen Mehrwert erkennen zu können. In aller Regel behandele sie ein sehr spezielles, heute oft wissenschaftlich überholtes Thema, das mit der aktuellen beruflichen Tätigkeit des Promovierten in keiner Verbindung mehr stehe.

Warum wird dann der Doktorgrad wie eine Leuchtboje für außergewöhnliche Geisteskraft lebenslang vor den Namen gestellt? Von Jahr zu Jahr hat sie nur noch die Leuchtkraft eines Glühwürmchens. Angemessen wäre es, den vollständigen Doktorgrad hinter den Namen zu setzten und das Jahr sowie die Institution des Erwerbs anzugeben.



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken