Herrn Dr.jur. Thomas de Maizière, am 18.7.2010 Bundesminister des Innern
Dr.-Grad in der Namenszeile des neuen Personalausweises
Sehr geehrter Herr Minister,
ab November soll der neue Personalausweis eingeführt werden. Neu sind das Format, seine elektronische Verwertbarkeit und der Preis. Bemerkenswert ist aber auch die vom bisherigen Ausweis übernommene formale Unart, den Doktorgrad (im Volksmund „Doktortitel genannt) vor dem Namen, also in der Namenszeile anzugeben. Viele Bürger glauben ja immer noch, er sei Bestandteil des Namens. Im neuen Ausweis wird der Titel also weiterhin - übrigens als wenig aussagendes Kürzel „Dr. auch im Bundestag und in Behörden - als Bestandteil des Namens behandelt, obwohl er es nach der schon 50 Jahre geltenden Rechtsprechung (BGH und andere Gerichte) nicht ist. Der Doktorgrad ist auch kein Mittel zum Identifizieren einer Person, schon gar nicht in Form eines Zweibuchstabenkürzels, was die Aufnahme im Ausweis rechtfertigen könnte. Kann es ein souveräner Staat verantworten, die Rechtslage unentwegt zu ignorieren und ein Hochsicherheitsdokument, den Personalausweis mit Angaben zu versehen, die allenfalls auf Visitenkarten und Türschildern berechtigt sind? Vor drei Jahren hatte der damalige Innenminister Wolfgang Schäuble diese in Europa einmalige sinn- und rechtswidrige deutsche Eigenart abschaffen wollen. Auch, um den erheblichen Verwaltungsaufwand in den Passbehörden der Länder zu verringern. Alles war vorbereitet.
Siehe: Plenarprotokoll der Deutschen Bundestages 100. Sitzung am 24. Mai 2007, Auszug
Doch Bayerns damaliger Ministerpräsident Günther Beckstein war dagegen. Mit seinem Veto im Bundesrat und dem Hinweis auf die Tradition verhinderte er das Einhalten internationaler Gepflogenheiten.
Siehe: Doktor Becksteins Titelkampf Die Pflege der Tradition überdeckt wohl eher einen Mangel an Selbstbewusstsein, schafft weiterhin Vorurteile und fördert den Titelhandel, um nur einige der Folgen zu nennen. Die lebenslange Verzierung des Namens bei allem Respekt vor und leider auch in Unkenntnis der Leistung beim Erwerb des Titels - ignoriert auch ihre Vergänglichkeit, zumal sie von Jahr zu Jahr an Aktualität verliert. Auch in den Bundesbehörden wird nach wie vor eifrig Titelpflege betrieben.
Siehe: Entscheidung des BGHs 1962 - Eintragung akademischer Grade - Der akademische Grad ist kein Bestandteil des Namens.
Ausführliche Informationen zum Titelwesen in Deutschland erhalten Sie in „Macht und Schein der Titel und in Doktoreintrag im Paß
Ich bitte Sie höflich, sehr geehrter Herr Minister, den Plan Ihres Parteifreundes Schäuble zu realisieren, den Doktoreintrag in den Ausweispapieren abzuschaffen, indem Sie die vor drei Jahren praktisch abgeschlossenen Vorbereitungen reaktivieren. Damit könnten Sie auch einem eventuellen Urteil des EuGH zuvorkommen, dem eine Klage in Sachen Eintragung des Doktorgrades als Bestandteil des Namens in Personalausweisen eingereicht werden wird. Mit freundlichen Grüßen Ulrich Werner
Antwort aus dem Bürgerservice-Zentrum (am 27.7.2010)
Anfrage an Frau Rink im Bürgerservice-Zentrum (am 8.8.2010)
Ausführlicher Brief an den Innenminister (am 29.8.2010)
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