Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Bildung Grade Titel XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX / Doktor-Grad, Übersicht / Int. Lachnummer: Dr. Deutschland
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Internationale Lachnummer:
Dr. Deutschland 
Deutschland mißbraucht ein Hochsicherheitsdokument (den Paß) zum Verbreiten von akademischem Weihrauch
Hü und hott mit dem neuen Paßgesetz

Februar/April 2007

Das Fazit vorweg:
Die Bundesregierung ließ sich ohne Not und Grund von ihrer eigenen sachlich begründeten Plan abbringen. Sowohl die Meinung des Sachverständigen Christoph Busch (Prof. Dr., vom Fraunhofer Institut/Hochschule Darmstadt) als auch die von anderen Seiten vorgebrachten zahlreichen begründeten Argumente wurden ignoriert. Ein Traditionssignal aus Bayern löste den Meinungsumfall aus. War etwa Gehirnwäsche im Länderspiel?
Und alles nur, weil es Politiker gibt, die ihre Geltungssucht im Paß befriedigen wollen oder sogar müssen. 

Der Anlaß
Der Rat der Europäischen Union hat die Aufnahme des Gesichtsbildes sowie von Fingerabdrücken in elektronischer Form in von den Mitgliedstaaten ausgestellten Pässen und Reisedokumenten verbindlich vorgeschrieben. (Bundestags-Drucksache 16/4138) Dieses Thema wird hier nicht behandelt.

Aufbruch ins 21. Jahrhundert?
Bei dieser Gelegenheit plante die Bundesregierung, die Eintragung des Doktorgrades sowie Ordens- und  Künstlernamens in den Pass und den Personalausweis sowie in die jeweiligen Register, einschließlich des Melderegisters abzuschaffen.

In der BT-Drucksache 16/4138 (Link Nr. 1) hat die Bundesregierung die Gründe für diese Änderung (Nichteintragung des Doktorgrades) ausführlich und überzeugend dargelegt.  In Stichworten:

  • Entlastung der Behörden, wiederholt gefordert

    Vermeidung der Schwierigkeiten beim Feststellen der wissenschaftlichen
    Gleichwertigkeit ausländischer Grade mit inländischen

    Ausweisbehörden fehlt Sachkunde zum Beurteilen ausländische Grade

    Das Antragsverfahren für die Ausstellung des Passes wird verzögert

    Forderungen der Länder und aus dem gesellschaftlichen Bereich, das Verfahren zu vereinfachen, werden ignoriert

    Eintragbarkeit ausländischer Grade wird erheblich erschwert

    Beschluß der KMK (21.9.2001) für einheitliche Regelungen wird mißachtet

    Beabsichtigte Entlastung der Kultusbehörde wird konterkariert

    Der Doktorgrad ist nicht zur Identifizierung einer Person notwendig

    Weiterer Bürokratieabbau wird erschwert

    Probleme sind größer als der Nutzen für Verwaltung und Bürger

    Deutsche Praxis widerspricht internationalen Gepflogenheiten

    Internationaler Standard für maschinenlesbare Reisedokumente wird mißachtet

    Mißverständnisse bei der Grenzkontrolle, „DR“ wird als Teil des Namens angesehen)

Widerspruch aus Bayern! (Link Nr. 2) Im Kielwasser Thüringen

Zustimmung und Spott  (Link Nr. 3)                           

Deutschland auf dem Weg zur Kleinkaro-Republik (Link Nr. 4) - Der Doktor bleibt im Paß

Der unwissender Rechtsexperte (Link Nr. 5)

Der drohende Ansehensverlust der Promovierten schien abgewendet (Link Nr.6)

Der deutsche Paß  (Link Nr. 7) - ein Rezept für seelisch Kranke

Weitere ausführlich erläuterte Gründe (Link Nr. 8) gegen den Doktoreintrag im Paß habe ich als E-Mail geschickt an:

Frau Zypries, die Herren Schäuble, Beckstein (Dokumentation über „Dr. Becksteins Titelkampf) und Wiefelspütz sowie Kopien des Briefes von Peter Dominik „Deutschland, das Land der pass-inonierten Traditionalisten“  an die Damen und Herren vom Innenausschuß und vom Rechtsausschuß, an die Fraktionsvorsitzenden und an andere Abgeordnete des Deutschen Bundestages.

Die Gründe der Bundesregierung ergänzt (Link Nr. 9), in Kurzfassung

  • Ist der BGH in Ausweisbelangen eine Stammtischrunde?

    Der Doktor-Tourismus im Bereich von Großstädten

    Nivellierung des Doktorgrades

    Mißachtung des Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG

    Beginnt deutsche Tradition erst im Jahr 1988?

    Die Überbewertung des Doktorgrades bestärkt Vorurteile

    Der Titelhandel wird gefördert

    Der Staat als Therapeut für komplexbehaftete Akademiker

„Brett vor dem Kopf"?

Vergebliches Bemühen! Sowohl die Stellungnahme eines Sachverständigen bei der Anhörung am 23.4.2007 als auch die ernstgemeinten und offenkundig fundierten Argumente von Bürgern gegen den Becksteinvorschlag, sogar die von der Bundesregierung selbst vorgebrachten sachlichen Gründe schienen plötzlich der gedankliche Ausfluß von Geisteskranken zu sein. Die Bundesregierung dokumentierte ihren Schwenk um 180 Grad in der BT-Drucksache 16/4456  (Link Nr. 10) vom 23.4.2007:

Bundesrat und Bundesregierung sind sich einig: Der Doktorgrad wird weiterhin im Pass angegeben.

Die Begründung: (Link Nr. 10)

... Der Begründung der Bundesregierung (sagt die Bundesregierung) kann nicht gefolgt werden. ... 

Also. Zuerst die Eintragung wohl begründet abschaffen und dann auf Grund einer Traditionsblähung beibehalten.

Auffällig ist die Kürze der Begründung, mit der die Bundesregierung ihre der ursprünglichen nun entgegengesetzte Ansicht angibt. Kein Wort über die gedankliche Kehrtwendung. Die Ausreden laut BT-Drucksache 4456 (Link Nr. 10) können nur die Promovierten selbst überzeugen und diejenigen, die ins selbe akademische Horn blasen müssen, weil sie abhängig oder feige sind. Wenn gekungelt wird nützen auch die besten Argumente nichts; sie landen im Ignoranzschaum.

Zu den Ausreden in BT-Drucksache 16/4456 (Link Nr. 11)

in Schlagzeilen:

  • Die erfolgreiche Traditionskeule
  • Aus Schwarz wurde Weiß
  • Ein Hirngespinst von Schäuble?
  • Fortschritt unmöglich, es war schon immer so!
  • Das "tägliche Leben" findet im Ausland statt
  • Brille beschlagen

Ist den für das Paßgesetz Zuständigen eigentlich bewußt, daß ihr Verhalten in Sachen Doktoreintrag im Paß wenig bis keine Sachkompetenz offenbart?

Übrigens, die vollständige Verzierung für Deutschland lautet "Dr. trad." (traditionalis)

Ulrich Werner
am 29.4.2007

LINKLISTE:

Nr. 1 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=11897

Nr. 2 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=12013 

Nr. 3 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=12017

Nr. 4 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=11066

Nr. 5 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=10828

Nr. 6 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=12014

Nr. 7 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=12014

Nr. 8 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=8199

Nr. 9 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=11899

Nr. 10 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=11898

Nr. 11 http://www.sprache-werner.info/index.php?id=12019   

Seit dem 24. Mai 2007 ist es offiziell:

Das Nachbarland Österreich ist als titelfreudig bekannt, wo fast jeder der dort noch üblichen Titel im Pass eintragbar ist. Beim Doktorgrad steht Deutschland weiterhin auf seiner Seite. Der bayerische Wink mit der Tradition hat in Berlin ein allgemeines Kopfnicken ausgelöst, und zwar bei den Abgeordenten und den Ministern, die sich Gedanken darüber hätten machen müssen, warum die von der Bundesregierung bereits vorbereitete Abschaffung der bisher geduldeten gesetzwidrigen und die Verwaltung belastende Eintragung des Doktorgrades in den Ausweisdokumenten plötzlich nicht mehr durchgeführt werden soll. Der Duft von akademischen Weihrauch scheint den Verstand vernebelt zu haben.

 



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken