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Der multiplizierte Komparativ
und seine Negation

Gesamtfassung

 

Übersicht
Zusammenfassung    
Definitionen    
Sprachgebrauch     
Berechnungsmethoden I
Berechnungsmethoden II
Ergebnis 
Gesamtfassung

Ein Essay zum Komparativ ("Höher, weiter, blöder")

Zusammenfassung

Kurz gesagt:
Wenn A den Wert 2 und B den Wert 10 hat, dann
ist B größer als A;
beträgt B das 5-fache von A;
ist B 4-mal größer als A, wenn "größer" gleich 2 gesetzt wird;
ist A um das 4-fache erhöht und
ist A auf das 5-fache erhöht.

Und in der Negation:
ist A kleiner als B;
beträgt A 1/5 (20%) von B;
ist A um 4/5 (80%) von B verringert;
ist A auf 1/5 (20%) von B verringert.

Der Komparativ bezeichnet einen Unterschied (mehr, höher, weiter) zwischen zwei Objekten. Dieser Unterschied kann die Werte zwischen null und unendlich annehmen und ist unbekannt. Er bleibt auch dann unbekannt, wenn er mit einer Zahl multipliziert wird (viermal mehr/höher/weiter). Trotz dieser Unklarheit werden Formulierung wie "viermal größer", "dreimal mehr" und "zweimal höher" sogar von Technikern, Physikern, Astronomen und Naturwissenschaftlern ständig verwendet. Dabei wird meistens angenommen, z. B. "viermal mehr" ergäbe das Vierfache des Ausgangswertes.

Diese Annahme ist falsch!

Wie nachfolgend ausführlich dargelegt ist, führt diese Annahme zu der unsinnigen Konsequenz, daß "einmal mehr" nicht "mehr" als der Ausgangswert, sondern immer genauso viel wie dieser ist. Wenn der Benutzer dieser Wendung jedoch den Mehrbetrag gleich dem Ausgangsbetrag wählt, dann ist

"einmal mehr" das Doppelte - und "viermal mehr" das Fünffache des Ausgangswertes.

Nochmals: Wenn eine Strecke A 100m lang ist, dann kann eine Strecke B, die länger als A ist, unendlich viele verschiedene Längen aufweisen, also bspw. sowohl 100,01m (Differenz = 1cm) als auch 1000 Km lang sein (Differenz = 999,900 Km). Der Faktor x bewirkt keine eindeutige Angabe des Endwertes, weil x mal unbekannt ebenfalls unbekannt ist.

Eindeutige Aussagen sind: "viermal so viel wie" oder "fünfmal so viel wie" .... bzw. "auf das Vierfache vermehren" oder "auf das Fünffache vermehren".

Bei der Negation des Komparativs (weniger, kleiner, leichter) kann der Unterschied ebenfalls die Werte zwischen null und unendlich annehmen. Auch dieser Unterschied ist unbekannt. Das Multiplizieren (viermal weniger) führt nicht nur gleichfalls zu einem unbekannten Wert, sondern ist auch unsinnig, weil der zu beurteilende Endwert negativ wird oder der Ausgangswert unverändert bleibt. Hier gilt analog:

Wenn mit "viermal weniger" "ein Viertel des Ausgangswertes" gemeint wird (ohne daß dies dem Leser mitgeteilt worden ist), dann kann zwar der Eindruck entstehen, der Endwert betrüge ein Viertel des Ausgangswertes, rechnerisch ist der Ausgangswert jedoch unverändert (wenig) geblieben.

Eindeutige Aussagen sind: auf ein Viertel (1/4) oder um drei Viertel (3/4) verringern. In Prozenten: auf 25 % oder um 75 % verringern. Bei großdimensionalen Verringerungen kämen Ausdrücke wie auf ein Millionstel verringern in Betracht.

Der Duden hat es versäumt oder nicht für wichtig gehalten, für den in Wort und Schrift häufig benötigten multiplizierten Komparativ, besonders für seine Negation eindeutige Definitionen zu geben und Formulierungen vorzuschlagen, die die Angabe klarer Informationen ermöglichen. Wenn er sich bei der "Sprachpflege" nur auf das Dokumentieren der Sprache beschränkt, dann verbreiten sich zwangsläufig falsche, mehrdeutige oder sogar unsinnige Ausdrücke.

Siehe auch die Seite zu "einmal mehr", wenn dieser Ausdruck im Sinn von "erneut, noch einmal", "wieder"  usw. benutzt wird.

Definitionen
1a. Komparativ (Duden-Grammatik 1998): Mit dem Komparativ, der Mehr- oder Höherstufe, wird ausgedrückt, daß zwei oder mehr Wesen, Dinge u. a. in Bezug auf ein Merkmal, eine Eigenschaft u. A. ungleich sind: ungleicher Grad.

1b. Verstärkter Komparativ (Duden "Hauptschwierigkeiten der deutschen Sprache (1965) und identisch in "Richtiges und gutes Deutsch" (1985): Zu Eintrag "-mal so groß/-mal größer" steht: diese Fügungen, die beide einen Vergleich ausdrücken, dürfen nicht mit einander verwechselt werden, weil sie etwas Verschiedenes ausdrücken. Es folgen mehrere Beispiele, u. a.: Eine Strecke von 12 cm ist dreimal so groß wie eine von 4 cm, aber dreimal größer als eine von 3 cm.

1c. Negation des Komparativs (Duden-Grammatik 1998): Der negative (geringere) Grad wird mit "weniger" oder "geringer" ausgedrückt.

Der Sprachgebrauch
Die Mahnung im Duden, diese Fügungen ("-mal so groß/-mal größer") nicht zu verwechseln, ist zwar gut gemeint, aber schon deshalb wirkungslos geblieben, weil er nicht dargelegt hat, warum. Obwohl beide Wendungen das Ergebnis eines Vergleichs bezeichnen, ist die zweitgenannte Formulierung beliebter, weil sie den Unterschied verbal hervorhebt (ist größer). In der zweitgenannten Wendung tritt er verbal in den Hintergrund (so groß wie). Das Fehlen diesbezüglicher Erläuterungen trägt nicht dazu bei, dem Auskunftsuchenden zu helfen. So ist die abstrakte Deutung in den Grammatikbänden von 1966 und 1998, wonach die komparativischen Gradadverbien "mehr" (eher) und "weniger" (nur) den ungleichen Grad (hinzuzufügen wäre "von unbekannter Größe") zweier Eigenschaften eines Wesens oder Dinges angeben, nicht durch ein Beispiel ergänzt ist, das einen Faktor enthält. Das Gleiche gilt besonders für die Negation des Komparativs (kleiner, tiefer, näher).

Dieser Faktor ist das Problem, das den Herren der Dudenredaktion nicht bewußt geworden ist. Mit den in den genannten Bänden den Beispielen zugefügten Faktoren, jeweils größer als eins, wurde offenbar der schlampige Sprachgebrauch berücksichtigt, allerdings nur unvollständig und teilweise unzutreffend. Besonders auffällig wird die Unstimmigkeit mit dem Faktor 1. Analog dem Produkt 1 mal 3 = 3 ist die Formulierung einmal mehr nicht mehr als der Ausgangswert, sondern er ist gleich dem Ausgangswert, bleibt also unverändert. Nach Dudendefinition wäre der Wert doppelt so groß.

In der Umgangssprache ist im Gegensatz zur Auffasung des Duden der Faktor eben nicht ausschließlich auf den Unterschied der Eigenschaften gerichtet, sondern mal auf den Unterschied und mal auf den Endwert. So kann dann "zweimal mehr" das Zweifache oder das Dreifache des Ausgangswertes bedeuten. Diese Ungewißheit zwingt den aufmerksamen Leser/Hörer immer zu überlegen und/oder zu prüfen, welcher Wert gemeint ist. Meistens findet er im Kontext keine Anhaltspunkte dafür und wenn, in seltenen Fällen, dann weiß er bei verschiedenen Werten immer noch nicht, welcher Wert gilt. Je kleiner der Faktor, desto größer ist die Differenz zwischen den verschiedenen Ergebnissen, von denen immer das eine falsch ist. Bspw. beträgt die Differenz beim Faktor 2 50 % (von unten gerechnet). Bei großen Faktoren wie 1 Million kann der Fehler vernachlässigt werden.

Eindeutige Aussagen sind: "viermal so groß wie" oder "fünfmal so groß wie" .... bzw. "auf das Vierfache" vergrößern oder "auf das Fünffache" vergrößern.

Wenn mit der Vervielfachung ein Endwert in Bezug zu einem Ausgangswert gesetzt werden soll, treten im Umgangsdeutsch ebenfalls Schwierigkeiten auf. So besteht ein großer Unterschied, ob ein Ausgangswert auf das Dreifache (Unterschiedsbetrag ist das Zweifache) oder um das Dreifache (Endbetrag ist das Vierfache des Ausgangswertes) erhöht wird. In einem konkreten Fall des bayerischen Kultusministeriums betrug der Fehler 35 Mill. DM.

Die multiplizierte Negation des Komparativs x-mal weniger, kleiner, langsamer führt zu unsinnigen Ergebnissen, weil der Komparativ als Multiplikand (= die zu mulitiplizierende Zahl, z. B. die 3 in 2 mal 3) im Produkt mit einem ganzzahligen Multiplikator (= die zu mulitiplizierende Zahl, z. B. die 2 in 2 mal 3) immer eine Vergrößerung des Absolutwertes erwarten läßt. Die Endwerte steuern dabei jedoch in den negativen Bereich. In den oben genannten Büchern des Duden ist die Negation des Komparativs (weniger, minder) zwar erläutert, jedoch ohne vor dem Einsatz eines Faktors zu warnen, was dringend notwendig wäre. Denn multiplizierte Negationen des Komparativs werden auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen sehr häufig verwendet.

Eindeutige Aussagen sind: auf ein Viertel (1/4) oder um drei Viertel (3/4) verkleinern. In Prozenten ausgedrückt: auf 25 % oder um 75 % verkleinern.


Berechnungsmethoden
für den multiplizierten (positiven) Komparativ
Um festzustellen, was mit der unklaren Komparativformulierung gemeint sein könnte, sind mehrere Deutungen möglich, die sich aus den verschiedenen Berechnungen ergeben.

Voraussetzungen
Es wird bei allen Berechnungen von der Annahme ausgegangen, ein Gegenstand A koste 100 EUR und der Gegenstand B koste viermal mehr oder viermal weniger als der Gegenstand A. Außerdem wird immer so weit wie möglich (Beispiele 1 bis 3) vorausgesetzt, daß der Unterschiedsbetrag jeweils gleich dem Ausgangswert (100) ist, obwohl er streng genommen jeden Wert zwischen null und unendlich annehmen kann. Mehr bzw. weniger würde daher auf 1 Cent genau so zutreffen wie auf 1 Mill. EURO. Die unbekannte Größe des Unterschiedes wirkt sich auch auf den Endwert aus. In den Beispielen 4 und 5 ergeben sich zwangsläufig unterschiedliche Differenzbeträge.

1. Beispiel nach der Multiplikatormethode:
Nach vorherrschender Meinung wird die Aussage, der Gegenstand B koste viermal mehr als der Gegenstand B, so aufgefaßt, der Endwert betrage das 4-fache des Ausgangswertes, also 4 mal 100 = 400 EUR. Die daraus abgeleitete abwärtsgerichtete Wertereihe beweist jedoch, daß diese Auffassung falsch ist.:4 mal mehr = 400 EUR (das 4-fache des Preises für A)
3 mal mehr = 300 EUR (das 3-fache des Preises für A)
2 mal mehr = 200 EUR (das 2-fache des Preises für A)
1 mal mehr = 100 EUR (das Einfache des Preises für A)

Hieraus ist zu folgern, einmal mehr ist nicht mehr oder viermal mehr muß immer das Fünffache des Ausgangswertes sein.

Diese Erkenntnis ergibt sich sofort dann, wenn die Aussage über die Mehrkosten vollständig ist. Es müßte nämlich korrekt heißen: Der Gegenstand B kostet viermal so viel, wie der Gegenstand A kostet, mehr. Jetzt wird deutlich, daß der Mehrbetrag das Vierfache des Ausgangswertes ist und zum Fünffachen des Ausgangswertes führt, was auch das 2. Beispiel bestätigt.

2. Beispiel nach der Multiplikatormethode mit aufwärtsgerichteter Wertereihe:
Preis des Gegenstandes A = 100 EUR
1 mal mehr = 200 EUR (das 2-fache des Preises für A)
2 mal mehr = 300 EUR (das 3-fache des Preises für A)
3 mal mehr = 400 EUR (das 4-fache des Preises für A)
4 mal mehr = 500 EUR (das 5-fache des Preises für A)

3. Beispiel nach der Additionsmethode:
Auch mit ihr kann belegt werden, daß die Auffassung, viermal mehr bedeute das Vierfache des Ausgangswertes, gebildet aus der viermaligen Addition von 100 EUR, also aus 100 + 100 + 100 + 100 = 400 EUR, falsch ist. Das Ergebnis ist dasselbe wie bei der Wertereihe im 2. Beispiel:
1 mal mehr = 200 EUR (aus 100 +100 EUR)
2 mal mehr = 300 EUR (aus 100 + 100 + 100 = 300 EUR)
3 mal mehr = 400 EUR (aus 100 + 100 + 100 + 100 = 400 EUR)
4 mal mehr = 500 EUR (aus 100 + 100 + 100 + 100 + 100 = 500 EUR)

4. Beispiel nach der Potenzmethode:
Danach kann der Gegenstand sogar das 16-fache kosten, gebildet mit dem 4-maligen Faktor 2, was der vierten Potenz der Zahl 2 entspricht (2 mal 2 mal 2 mal 2 mal 100). Somit kann folgende aufwärtsgerichtete Wertereihe gebildet werden:

1 mal mehr = 200 EUR (aus 100 mal 2 hoch 1 = 100 mal 2 EUR)
2 mal mehr = 400 EUR (aus 100 mal 2 hoch 2 = 100 mal 4 EUR)
3 mal mehr = 800 EUR (aus 100 mal 2 hoch 3 = 100 mal 8 EUR)
4 mal mehr = 1600 EUR (aus 100 mal 2 hoch 4 = 100 mal 16 EUR)

Bemerkenswert bei dieser Berechnung ist die Tatsache, daß der Mehrbetrag (= Differenzbetrag) von Stufe zu Stufe steigt, und zwar in der Reihenfolge 100 - 200 - 400 - 800 EUR.Diese Wertereihe läßt sich auch stufenweise ermitteln:

1 mal mehr = 200 EUR (aus 100 mal 2 hoch 1 = 100 mal 2 EUR)
Damit neuer Ausgangswert 200 EUR.

1 mal mehr = 400 EUR (aus 200 mal 2 hoch 1 = 200 mal 2 EUR)
Damit neuer Ausgangswert 400 EUR.

1 mal mehr = 800 EUR (aus 400 mal 2 hoch 1 = 400 mal 2 EUR)
Damit neuer Ausgangswert 800 EUR.

1 mal mehr = 1600 EUR (aus 800 mal 2 hoch 1 = 800 mal 2 EUR)

Berechnungsmethoden II
für die multiplizierte Negation des Komparativs

1. Beispiel nach der Divisionsmethode
Ausgangsformulierung ist die Angabe, ein Gegenstand B koste viermal weniger als der 100 EUR kostende Gegenstand A. Nach vorherrschender Meinung kostet der Gegenstand B dann nur 1/4 des Ausgangswertes, also 25 EUR. Die daraus abgeleitete abwärtsgerichtete Wertereihe beweist jedoch, daß diese Auffassung falsch ist.4 mal weniger = 1/4 des Preises für Gegenstand A = 25 EUR

3 mal weniger = 1/3 des Preises für Gegenstand A = 33,3 EUR
2 mal weniger = 1/2 des Preises für Gegenstand A = 50 EUR
1 mal weniger = 1/1 des Preises für Gegenstand A = 100 EUR

Danach kostet der einmal weniger kostende Gegenstand B nicht weniger als Gegenstand A, sondern genau so viel wie er.Besonders fragwürdig wird diese Reihe, wenn sie mit der nächstliegenden Verminderung entsprechend der Formulierung 1 mal weniger beginnt. Welcher Betrag soll denn zur Verminderung des Betrages von 100 EUR führen, wenn die nächstmögliche Verminderung 2 mal weniger die Hälfte, also 50 EUR sein soll? Unabhängig von einer (nicht denkbaren) sinnvollen Antwort verändert sich auch hier der Differenzbetrag (als Minderbetrag) von Stufe zu Stufe, und zwar in der Reihenfolge 75 EUR - 8,3 EUR - 16,7 EUR - 50 EUR.Um die Absurdität zu verdeutlichen, sei mit dem Ausgangswert (100 EUR) begonnen und die Minderungsbeträge angegeben: 0 EUR - 50 EUR - 16,7 EUR - 8,3 EUR.

2. Beispiel nach der Subtraktionsmethode:
Die daraus abgeleitete abwärtsgerichtete Wertereihe beweist, daß diese Auffassung sogar unsinnig ist.

1 mal weniger = 0 EUR (100 - 100)
2 mal weniger = - 100 EUR (100 - 100 - 100 = - 100 EUR Guthaben)
3 mal weniger = - 200 EUR (100 - 100 - 100 - 100 = - 200 EUR Guthaben)
usw.

Ergebnis:
Obwohl jeweils der Endwert feststeht und dem Kommentator als Basis für einen Vergleich dient, führt die Unkenntnis der verschiedenen Deutungsarten für den multiplizierten Komparativ, besonders bei seiner Negation beim Leser/Hörer, der den Endwert nicht kennt, zu falschen Erkenntnissen oder zu einer unsinnigen Aussage. Diese Unsicherheit in der Informationsvermittlung wird so lange andauern, wie die Deutungsarten für den multiplizierten Komparativ unbekannt bleiben und keine Einigkeit über eine allgemein gültige Definition besteht.

 



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