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Umfrage des Vereins "Muttersprache" 
 zu Wörter und Unwörter, Sprachwahrer und "Kaiser von Dengland"

Mitgeteilt von Gottfried Fischer, Schriftleiter des Vereins "Muttersprache", des größten Sprachpflegevereins Österreichs, 3.2.2008

Die Umfrage des Vereins "Muttersprache" zu Wörter und Unwörter, Sprachwahrer und "Kaiser von Dengland" ist vorbei. Sie berücksichtigt alle deutschsprachigen Länder. Wir danken für die vielen Einsendungen!

Das Ergebnis:

Wörter des Jahres

E-Müll. Verdeutschung für Spam, eine unerwünschte Werbe-E-Post. Weltnetzbenützer (Internet-User) kennen das tägliche Ärgernis: man öffnet seinen elektronischen Briefkasten, und es liegen Dutzende, wenn nicht Hunderte Werbeschreiben darin, meist sehr gewöhnlichen Inhalts. Der Ausdruck E-Müll ist so knapp wie Spam und für die meisten wesentlich durchsichtiger als dieses (Spam kommt von Spiced Ham „gewürzter Schinken", eine Dosenfleischmarke).

Geierfonds. (Lehnübersetzung von engl. vulture fonds). Eine sehr treffende Bezeichnung für Geldunternehmen (Investmentfonds, Hedge Fonds), die wie Geier über sterbenden Unternehmen kreisen, ihre Aktien spottbillig erwerben und die Firmen dann ausweiden, d. h. alles verkaufen, was noch zu verkaufen ist, anstatt der Firma mit dem übriggebliebenen Werten wieder auf die Beine zu helfen. Vor Geierfonds graut selbst den nicht sonderlich zimperlichen Wall-Street-Aktionären! Der Geierfonds, der die darniederliegende österreichische Bank BAWAG übernommen hat, heißt mit grimmigem Humor denn auch Cerberus (wie der Höllenhund der altgriechischen Mythologie). Noch blutrünstiger sind die Geierfonds, die uralte, längst aufgegebene Schuldscheine hungerleidender Entwicklungsländer aufkaufen und diese dann mit Gerichtsverfahren zur Zahlung der Schulden mit Zins und Zinseszins in riesiger Höhe zwingen.

Komasaufen. Mutprobe, die zu hoher Ehre unter Gleichgesinnten führen kann – oder zu einem frühen und völlig sinnlosen Tod eines Minderjährigen.

Knuddel-Knut’sch. Kosename für das beliebteste Eisbärenjunge Deutschlands (vielleicht auch Österreichs). Besonders ansprechend ist die Verbindung von Knut mit Knutschen durch einen Apostroph unter gleichzeitiger Verwendung eines Stabreims (Alliteration: Kn-, Kn-. Knuddeln und Knutschen bedeuten in Deutschland soviel wie „schmusen").

Unwörter des Jahres

Trojaner. Als Trojaner wird ein Programm bezeichnet, das neben der dem Verwender genannten Funktion heimlich andere Funktionen ausübt, oft zum Schaden des Benutzers. Der Besitzer eines Rechners lädt beispielsweise aus dem Weltnetz (Internet) ein für ihn nützliches Programm herunter, und dieses schickt Hinweise über den Rechnerinhalt an den Entwickler des Trojaners. Allgemein bekannt wurde der Begriff dieses Jahr, als die Parteien darüber stritten, ob es der Polizei gestattet werden könnte, Terrorverdächtigen Trojaner auf ihre Rechner zu schicken. Ein Unwort ist Trojaner deswegen, weil sich nicht die Trojaner heimlich ins das Lager der Griechen einschlichen, sondern umgekehrt die Griechen in die Stadt der Trojaner (Troja = Ilion), und zwar mit Hilfe des von Odysseus ersonnenen Trojanischen Pferdes. Ursprünglich hießen diese Programme auch Trojanische Pferde, die Verkürzung zu Trojaner ist eine Verkehrung ins Gegenteil.

EU-Vertrag. Ganz gleich, wie man zur EU und zu diesem Vertrag steht, die Umbenennung der von den Völkern bei Abstimmungen abgelehnten EU-Verfassung in EU-Vertrag, der dann ohne Abstimmungen eingeführt wird, ist Etikettenschwindel.

Eine studentINNENische Gruppe. Eine von der Sprachschönheit her nicht überzeugende Bildung.

Efrauzipation. Das Wort man in Emanzipation soll dadurch ausgemerzt werden.

Beide Wörter entspringen einem gewissen Übereifer, welcher dem Anliegen in der breiten Öffentlichkeit eher schadet als nützt. Daß manche glauben, in dem Wort Emanzipation stecke das Wort man oder Mann, zeugt überdies von beschämenden Wissenslücken in der Etymologie. Wie schon die Endung -tion zeigen sollte, stammt das Wort aus dem Lateinischen. Die Vorsilbe e- oder ex- bedeutet „aus", und mancipare (von manus „Hand" und capere „ergreifen") „als Besitz geben". Emanzipation bedeutet also ursprünglich „Entlassung eines Sklaven aus der Hand seines Herren" und wurde tatsächlich für die Entlassung der Sklaven in den V. St. v. A. gebraucht.

Um das Dreifache weniger oder ähnlich, ist immer wieder in der Zeitung zu lesen. Man weiß wirklich nicht, was damit gemeint ist. Eigentlich besagt dies: wenn der ursprüngliche Wert z. B. 5 ist, so ist das Dreifache 15, um das Dreifache weniger ist also 5 – 15 = -10. Das ist aber wohl nicht gemeint. Nicht besser ist „um das Doppelte mehr": 5 + 2*5 = 15; dies ist aber auch nicht gemeint. (siehe "Der multiplizierte Komparativ
und seine Negation")

angesagt. Seit Jahren ist alles Mögliche und Unmögliche angesagt, jetzt ist Shoppen angesagt, jetzt ist Besinnung angesagt, jetzt ist Christmas-Countdown (= Advent) angesagt, jetzt ist Spaß-Haben angesagt … Ein dümmliche, modische Ausdrucksweise für einfaches „Jetzt wollen dies und jenes tun".

Freiwillige Wehrpflicht. Verbrämendes Propagandawort. Ein Widerspruch in sich. Eine Zeitlang von der SPD in der Bundesrepublik gebraucht.

Rückbau. Politische Verschleierung. Dem dramatisch wachsenden Leerstand soll in Görlitz durch planvollen „Rückbau" von Wohnungen in den Sanierungsgebieten begegnet werden. DIE ZEIT schreibt „Rückbau" in Anführungsstrichen und dazu auch in ihrer Ausgabe am 3. Januar 2008: „Der Abriß hat Methode". Der „Rückbau" von Atomkraftwerken wird sich jedoch sehr wahrscheinlich verzögern.

Relativ. Dieses Eigenschaftswort ist zum Modewort geworden und vieles, das nicht relativiert werden muß oder sollte, wird abgeschwächt (ob das Gedenkjahr für Albert Einstein eine Rolle dabei spielt?)

Halt. „Wir gehen halt zu Mittag essen." Solche und ähnliche Sätze hört man in Mittel- und Norddeutschland. Halt ist jedoch ein süddeutsches Wort, klingt dort richtig und wird auch richtig eingesetzt (= norddeutsch: eben).

Sprachwahrer des Jahres

Angela Merkel, Bundeskanzlerin und Vorsitzende der CDU. Sie hat in ihr neues CDU-Parteiprogramm folgendes Bekenntnis aufgenommen: „Deutsche Sprache ist ein herausragendes Merkmal der Kultur unseres Landes. Sie prägt unser Denken und ist die Gesellschaft einigendes Band. Deshalb haben wir eine besondere Verantwortung für den sorgfältigen und behutsamen Umgang mit der deutschen Sprache."

Kaiser von Dengland

Die Sportartikelhersteller können sich mit Fug und Recht die Aschenkrone des Kaisers von Dengland aufs Haupt setzen. Für kaum eine neue Ware finden sie noch deutsche Bezeichnungen, sondern übernehmen oder erfinden (d)englische Namen. Vgl. z. B. die dem Englischen unbekannten Funsport, topfit, Home-Trainer (s. S. 4ƒ).

Dr. Gottfried Fischer
Schriftleiter des Vereins "Muttersprache", des größten Sprachpflegevereins Österreichs
H.: 0699.1.944.57.81
1070 Wien, Schottenfeldgasse 95/20
Weltnetz: http://homepage.univie.ac.at/goetz.fischer/WienerSprachblaetter.htm
Jahresbeitrag: 17 Euro

 



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