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Versetzung unserer Sprache mit Anglizismen
 Anfrage wegen der MDR-Sendung "artour - das Kulturmagazin" (11.11.06)

 

Gerhard H. Junker schreibt:

Ich konnte diese von Walter Krämer und Tobias Mindner angekündigte Sendung nicht empfangen, weil der MDR nicht in meinem Kabelprogramm vertreten ist, erfahre aber von VDS-Mitgliedern mit Satellitenempfang, dass sich der  Prof. Hoberg wieder in der für ihn üblichen abwieglerischen Manier über die Harmlosigkeit der Versetzung unserer Sprache mit Anglizismen geäußert habe.

Es würde mich interessieren, was andere VDS-Mitglieder zu diesem Auftritt zu sagen haben, auch ob sich die Vereinsleitung nicht einmal darum bemühen könnte, dass unser  Wissenschaftlicher Beirat oder einzelne prominente Mitglieder des Beirates sich kritisch und publikumswirksam mit den Thesen des Herrn Hoberg auseinandersetzen. Dabei müsste es doch möglich sein, ihm z.B. das Argument der geringen Prozentzahl von Anglizismen am Wortbestand der deutschen Sprache zu widerlegen und ihm nachzuweisen, dass seine vermeintliche Statistik auf falschen Grundlagen beruht.

Dazu hier, wie Hoberg auf den Internetseiten des MDR  zitiert wird:

"Die Gesellschaft für Deutsche Sprache hingegen sieht die Rettungs- versuche des Vereins mit Verwunderung und findet sie unnötig. Der Präsident der Gesellschaft, Rudolf Hoberg, meint, die aus 500.000 Wörtern bestehende deutsche Sprache angesichts 6.000 englischer Lehnworte keineswegs in Gefahr sei. Die Wanderung von Wörtern von der einen in eine andere Sprache sei ein völlig normaler Vorgang."

Geradezu absurd ist seine immer wiederkehrende Zitierung einer Handvoll Germanismen in der englischen Sprache im Vergleich zu Tausenden von Anglizismen in der deutsche Umgangssprache (6550 allein schon im Anglizismen-INDEX).

Wie ich von H.-D. Dey erfahre, hat er eine umfangeiche Datei mit Hobergzitaten angelegt, auf die zurückgegriffen werden kann.

Besonders schädlich scheint mir Hobergs Wirken in der Schweiz zu sein, weil Hoberg dort mit dem "Verein deutsche Sprache VdS", ein Schwesterverein der GfdS, ein noch breiteres Forum hat als bei uns mit der GfdS.

Gerhard H. Junker

Dazu schreibt Dr. Götz Fischer am 11.11.2006

Lieber Herr Junker!
Sie brauchen den Wiss. Beirat gar nicht zu bemühen. Was Hoberg sagt, ist so offensichtlich Unsinn, daß ein Blick in den SPIEGEL genügt, um ihn bloßzustellen. Gestatten Sie mir eine wörtliche Anführung:

"Solcher Mut zum Polemisieren tut not. Schon 2004, so stellte eine Studie der Universität Hannover fest, waren unter den 100 am meisten verwendeten Wörtern deutscher Rede 23 englische, fast ein Viertel - 1980 war es noch eins." (SPIEGEL, Nr. 40/2.10.2006, S. 187).

Es kommt natürlich auf die Wörter an, die wir verwenden, und nicht auf solche, die wir nie verwenden. Die Hobergschen 500.000 Wörter sind fast alle Fachwörter wie Katadidysmus und Versus rhopalici (diese Wörter sind eigentlich grch.-lat.-frz.-engl. Internationalismen, nicht wirklich deutsche Wörter im engeren Sinn wie essen, trinkern). Fragen Sie Hoberg, wie oft er täglich Katadidysmus und wie oft er Kids verwendet, und sogar er wird den Unterschied womöglich begreifen, auch wenn er sich dagegen sperrt. Es kommt nicht auf Wörter an, die nur drei Dutzend Deutsche benutzen, sondern auf solche, die alle benutzen.

Der Durchschnittsmensch beherrscht nicht mehr als 8000 Wörter, wenig Gebildete sogar weniger, Fachleute beherrschen 16.000 Wörter. Sprachgenies natürlich mehr, aber wie viele echte Sprachgenies gibt es?

Ich glaube aber nicht, daß Hoberg das nicht weiß, denn jedes Kind begreift das; ich glaube, daß diese Binsenwahrheit vielmehr gegen die Linie der Ges.f.dt.Spr. verstößt und daher von Amts wegen verneint werden muß. Udo Förster, sein Vorgänger, schrieb einen ebenso langen wie nichtssagenden Aufsatz darüber, wie wertvoll die Fremdwörter seien (veröffentlicht in seinem Hauptwerk: "Sprachpflege auf wissenschaftlicher Grundlage").

Herzliche Grüße
Ihr Dr. Götz Fischer

Schriftleiter der "Wiener Sprachblätter",
der Zeitschrift des größten
Sprachpflegevereines Österreichs
http://homepage.univie.ac.at/goetz.fischer/WienerSprachblaetter.htm
1070 Schottenfeldgasse 95/20
Handruf: 0699-1-944.57.81
Der Leitspruch der Dengländer: "DÜMMER GEHT'S IMMER!"

Zu diesem Thema äußerte sich auch Michael Reinhard Komarek

Liebe Sprachfreunde,

der Durchschnittsmensch beherrscht nicht mehr als 8.000 Wörter? Auf welche Jahrgänge bezieht sich diese Zahl? Jene, die gegenwärtig im Backfischalter und jünger sind, werden aufgrund der täglichen Medien-Gehirnwäsche niemals auch nur über einen halb so großen Wortschatz verfügen. Man denke nur daran, wie viele Eigenschaftswörter innerhalb kurzer Zeit durch "cool", geschweige denn, wie viele Zeitwörter durch "checken" ersetzt worden sind. Die sogenannte Bereicherung durch Fremdbrocken ist tatsächlich eine fortwährende Sprachverarmung.

Mit freundlichen Grüßen,

Ihr Michael Reinhard Komarek

 



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