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Der Lackmustest im Presseclub

 Semantische Purzelbäume mit Metaphern

Volker Herres im Presseclub am 18.7.2010

Sehr geehrter Herr Herres,

gegen Ende des heutigen Presseclubs, den meine Frau und ich regelmäßig mit Interesse anschauen, erwähnten Sie den Lackmustest in Verbindung mit dem künftigen Haushalt in NRW. Ich möchte annehmen, dass Sie die Bedeutung dieses Fachbegriffes kennen. Im angegeben Zusammenhang ist dieser Begriff eine irreführende „Ignorantenmetapher“. Benutzer fördern sogar bewusst das Sprechblasen- und Floskeldeutsch.

Sollte Ihnen die Bedeutung dieser Fachbegriffes jedoch fremd sein: er bezeichnet einen in der Chemie gebräuchlichen Test des pH-Wertes einer Substanz mit Hilfe des Farbstoffes Lackmus. Der pH-Wert ist ein Maß für die Stärke der sauren bzw. basischen Wirkung einer wässrigen Lösung. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist der „Lackmustest“ eine typische Laien-Metapher, die Halbgebildete gern benutzen, wenn sie sich mit Fachausdrücken brüsten wollen wie „Quantensprung“ für einen großen Fortschritt (Meilenstein.

Ich halte es für bedenklich, Spezialbegriffe aus der Naturwissenschaft für völlig sachfremde Situationen zu verwenden. Die Nachahmung ist garantiert, besonders wenn sie von einem Prominenten benutzt werden. Meistens merken die Metapheristen nicht, welche semantischen Purzelbäume sie schlagen. Im vorliegenden Fall ist es ein besonders großer. Die Säurewirkung einer Substanz mit einem Haushaltsplan zu vergleichen ist absurd. Analog könnten Löcher in einem Balken als Lackmustest für die Tätigkeit von Holzwürmern bezeichnet werden. Oder ganz krass: Die Häufigkeit derartiger Verwendungen von Metaphern wie „Lackmustest“ und „Quantensprung“ ist ein Lackmustest für den Bildungsmangel eines „Gebildeten“. Wären Test, Knackpunkt oder Prüfstein zu banal für derartige Situationen?

Informationen zum Lackmustest: http://www.sprache-werner.info/index.php?id=31707.

Bitte helfen Sie mit, die Ausdruckskraft und die Differenzierungsmöglichkeiten der deutschen Sprache zu erhalten. 

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Werner
am18.7.2010



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