Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Zur deutschen Sprache
Die Sprache ist ein Bild der Seele ...
www.sprache-werner.info
Sprache / Wörtermarkt / Favoriten / -fähig/-bar Zusammenfassung / Deutsch grundgesetzfähig?
 

  < zurück erweiterte Suche Seite drucken
 

Deutsch - grundgesetzfähig?
Trotz  Eintrag im Grundgesetz bliebe die deutsche Sprache verhunzungsfähig und dudendeutschfähig

Im Gegensatz zum Meinungsstreit, wie auf die weltweite Finanzkrise reagiert werden soll „scheint in Deutschland große Einigkeit zu herrschen, wenn es um die Sprache geht“, so Max Behland in den VDS Sprachnachrichten, Dezember 2008. „Hatte sich jahrzehntelang niemand außerhalb der Schulen und Universitäten mit Sprachthemen beschäftigt, ist jetzt Sprache in aller Munde – also dort, wo sie hingehört? Die Sprache ist ins Gerede gekommen. … Eine kaum noch zu überblickende Menge von Institutionen, Vereinen, Stiftungen und Gesellschaften ist sich mittlerweile einig: Die deutsche Sprache ist notleidend, gefährdet, bedroht. Worin diese Bedrohung besteht, woher sie kommt und wie ihr begegnet werden könne, darin sind sich die Sprachbedenkenträger nicht einig.“  ….
Wir müssen uns nicht alles zumuten (lassen), meint Behland. „Nicht „die“ Amerikaner überziehen Deutschland mit den unnötigen und für die Mehrheit gänzlich unverständlichen Anglizismen. Die Übeltäter sitzen hier in unserem eigenen Land, in den Führungspositionen von Staat und Wirtschaft.“ Dennoch „Steht uns bei der Sprache die Entscheidung frei, was wir hinnehmen und was wir ablehnen, was wir verstehen wollen und was wir bekämpfen. Niemand zwingt uns, von Kids und Events zu sprechen.“

Die aktuelle (leit?)kulturerhaltende (?) Forderung, Artikel 22 des Grundgesetzes mit dem Zusatz zu ergänzen: „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“ klingt daher wie ein Alibi. Bundeskanzlerin Merkel ist zwar dagegen, auch Kanzleramtsminister de Maizière. Er meint: „Die Amtssprache ist Deutsch, wir sollten das Grundgesetz nicht überfrachten.“

Andere befürworten den Vorschlag. Volker Kauder, CDU-Fraktionschef: „Es geht um die Bedeutung der deutschen Sprache in der EU, sie sollte dort als Amts- und Arbeitssprache eingeführt werden.“ Norbert Lammert, Bundestagspräsident, und Wolfgang Bosbach, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, weisen auf die Länder (17) in der Europäischen Union hin, in denen die Landessprache ausdrücklich in der Verfassung erwähnt ist.

Michael Glos, CSU, Bundeswirtschaftsminister ärgert die ständige Verhunzung der deutschen Sprache durch Anglizismen, auch im eigenen Ministerium. Er trifft wenigstens den Kern des Problems.

Jens Jessen findet es bedenkenswert, das „die Sprache, dieses Merkmal unserer Identität, das man für das allerselbstverständlichste zu halten geneigt war, für CDU-Mitglieder nicht mehr selbstverständlich ist.“ (DIE ZEIT Nr. 51) Jessen fragt, „Wer weiß, was sonst noch unbemerkt ins Fragliche geraten ist und durch einen Eintrag ins Grundgesetz vor dem Zweifel gerettet werden muss?  Der Schäferhund ….., die Bockwurst – oder schon der Döner? ... "

Niemand bestreitet, dass die Sprache ein sehr hohes Kulturgut ist. Der oft überflüssige Gebrauch von Anglizismen und Denglisch ist ein Übel. Doch der Hinweis darauf scheint das floskelhafte Kauderwelsch und die Sprechblasen beim gedankenlosen und schlampigen Umgang mit der Sprache zu verdecken, auch derjenigen, die sich jetzt als Sprachschützer gebärden. Die tägliche Sprachverhunzung in den Medien drängt die Bürger seit Jahrzehnten zur Nachahmung und hat die deutsche Sprache in den jetzt wieder einmal bedauerten Zustand der Pflegebedürftigkeit getrieben. Es fehlt sowohl das Wissen um klares und gutes Deutsch als auch der Wille es anzuwenden. Frau Merkel hat sicher nicht gemerkt, was sie von sich gegeben hat mit der Aussage: „Wenn wir unsere Sprache wirklich als eine selbstbewusste Sprache des 21. Jahrhunderts nach vorne bringen wollen, dann sollte man darauf hinweisen, dass ein deutsches Wort für wirtschaftliche Aktivität auch nicht schlecht ist.“ (VDS Sprachnachrichten) Einen solchen Schwachsinn könnte auch ein Grundgesetzeintrag nicht verhindern.

Wie, fragt Thomas Steinfeld in der SZ vom 4.12.2008 („Grundgesetz oder Oberlehrer“), sollte die Sprache durch das Grundgesetz geschützt werden? „Mit Hilfe von Oberlehrern, die mit Tintenpatronen schießen? .... Verglichen mit den anderen europäischen Kultursprachen hat das Deutsche eine einzigartige Entwicklung durchlaufen, die sich bis ins späte neunzehnte Jahrhundert nicht nur durch eine große Ferne zu aller Staatlichkeit, sondern sogar durch deren völlige Abwesenheit auszeichnete. …  Die Entstehung der deutschen Literatursprache, ohne viel Tradition oder historisches Formbewusstsein, gehört zu den Wundern der Kulturgeschichte. …  Johann Wolfgang Goethes „Werther“, abgefasst in einem Deutsch, das keiner je gesprochen, keine je geschrieben hatte, wurde zum Grundbuch dieser neuen Sprache. Die Hälfte des Wortschatzes soll sich damals neu gebildet haben. … Umgekehrt ist es der deutschen Sprache nie gut bekommen, wenn sie in allzu große Nähe zur Politik rückte oder gerückt wurde. “ Steinfeld führt als Beispiel den „Allgemeinen Deutschen Sprachverein“ an und die von den Kultusministern durchgesetzte Rechtschreibreform (1996 bis 2006). Sie habe nichts reformiert, allenfalls verwirrt und die Einheitlichkeit der Orthographie aufgehoben.

Die Auswüchse der Sprache, ob in der Literatur oder im Umgangsdeutsch, oft als natürliche Sprachentwicklung bezeichnet, würden durch einen Grundgesetzeintrag nicht verhindert, die Sprache nicht besser und klarer. Auch die Verwässerung durch Anglizismen, Denglisch uns Fremdwörter würde nicht gebremst. Es ist der öffentliche schlampige Umgang mit der Sprache, auch derjenigen, die sich jetzt für die Sprache einsetzen und die täglich in den Medien mit ihren mehrdeutigen und schwammigen Formulierungen die Sprache verhunzen, der die deutsche Sprache in den jetzt bedauerten Zustand der Pflegebedürftigkeit getrieben hat, und das schon seit vielen Jahren. Unser Außenminister Steinmeier hat kürzlich öffentlich behauptet: .Jenseits von aktuellen Einzelfällen kommen neue Fragestellungen und Spannungsfelder auf den Menschenrechtsschutz zu“ Was mag sich ein Volksschüler denken, wenn er so ein schwammiges Deutsch aus dem Mund eines der höchstrangigen Repräsentanten unseres Staates hört?

Vor 16 Jahren schrieb ich zum Thema „Die deutsche Sprache auf Abwegen“ an acht Institutionen, die sich dem Namen nach mit der deutschen Sprache befassen. Keine hat geantwortet. Die Wirksamkeit von Leserbriefen sprachbewusster Bürger an Zeitungen, Autoren und Übersetzer ist gering. Briefe an Politiker überwinden nicht das Vorzimmer. Der Abwärtstrend der deutschen Sprache ist seit langem ein Dauerzustand.
 
Politiker haben eine der beliebtesten und am häufigsten benutzten Sprechblasen eingeführt, die Floskel „davon ausgehen“. Sie ist eine willkommene und immer öfter angewendete sprachliche Nebelkerze, um etwas zu sagen, ohne sich festzulegen, und gleichzeitig offen zulassen, ob Wissen mitgeteilt wird oder nur eine Vermutung, Annahme, Glauben oder andere Gedanken. Deutschland hat sich mittlerweile in eine Ausgehgesellschafft verwandelt, in der sogar schon Schätzungen ausgehen. Besonders gern und oft tun das Justiz und Polizei. Dabei wird ein nicht einmal begründeter Verdacht geäußert, ohne einen Anhalt für Ursache oder Täter zu haben. Bedrohungen, Strahlungen und Gerüche gehen von etwas aus; jetzt geht Gefahr auch von den Ausgehern aus, nämlich für die deutsche Sprache.

Die deutsche Sprache braucht keine Erwähnung im Grundgesetz, dringend notwendig ist

Aufklärung und die Entmachtung einer Institution, die sie seit Jahrzehnten verhindert.

Wer beendet endlich die Narrenfreiheit des Duden? Warum darf die selbsternannte „Instanz für die deutsche Sprache“ immer noch in seinen Wörterbüchern sprachlichen Un- und Widersinn verbreiten? Statt Sprachaufklärung anzubieten zählt er die in der Umgangssprache verwendeten Wörter. Er ignoriert die Regeln, ändert sie nach Bedarf und schlägt dabei semantische Purzelbäume (Leserbrief in der SZ vom 14.9.1998).

Die Wendung davon ausgehen hat sich als Sammelbegriff für über 30 verschiedene Verben und Ausdrücke festgesetzt, die schon deshalb nicht die Wahrheit vermitteln, weil sie jeweils mit einem völlig anderen Sinn belegt sind als die Ausgehwendung im ursprünglichen Sinn bedeutet, nämlich anzugeben, was als Ausgangspunkt für Überlegungen und Handlungen dient mit dem Erfordernis, die Folgerungen anzugeben. Schwammdeutsch und Mehrdeutigkeiten erschweren das Verständnis. Der Kontext zum Deuten des Sachverhaltes kann helfen, oder es muss geraten werden, was gemeint ist. Mit der bedenkenlosen Bestätigung der Bedeutungserweiterung von „davon ausgehen“ fördert der Duden den Gebrauch von Floskeln und die überlegungsarme Wahl schwammiger Ausdrücke.

Nur wenige der Deutschsprechenden kennen den Unterschied zwischen den unbestimmten Zahlwörtern  „mehrfach“ und „mehrmals“. Die Folgen für Justiz, Medizin und Technik sind gravierend. Waren diese Begriffe in älteren Duden-Ausgaben mit Hinweis auf die Grammatik schlüssig erklärt so gilt sein eigenes Wort nicht mehr. Jetzt sind sie als Synonyme erläutert, was sie keinesfalls sind.

Das Suffix „fähig wurde vom Duden mit einer unverständlichen Begründung für den passivischen Gebrauch freigegeben. Die Folgen für die Sprache sind verheerend. Es entstehen täglich neue Wortkonstruktionen, Begriffe, die eine Fähigkeit andeuten, tatsächlich jedoch eine Möglichkeit bezeichnen sollen. Auch Hauptwörter werden  mit „fähig“ verunstaltet und in Eigenschaftswörter verwandelt. Der deutsche Wortschatz wird unbegrenzt von Unwörtern überflutet wie aktien-, BTX-, chemie-, geduld-, hoffnungs-, ideen-, küchen-, mehrheits-, normen- bis waffen- und zukunftsfähig. Auch den Unterschied zwischen „fähig“ und „bar“ ignoriert der Duden, wenn er Butter als „streichfähig“ im Wörterbuch bezeichnet.
 
Beim Danken bietet der Duden drei Versionen an, von denen die eine (sich bedanken) das Gegenteil von dem ausdrückt, was der Dankende meint. Nach Streichen der Vorsilbe „be“ wird die Selbstbedankung deutlich. Die Sprachberatung des Dudens hat auf Vorhaltung zu „sich bedanken“ und „mehrfach“ eingeräumt, dass der Sprachgebrauch wichtiger sei die Richtigkeit. Die  Kompetenz der Sprachberatung basiert somit auf dem statistischen Auswerten der Umgangssprache einschließlich des Unsinns, der sich in ihr ausbreitet. Sein Ansehen als die maßgebende Instanz für die deutsche Sprache konterkariert jede  Sprachaufklärung von kompetenter Seite. Sogar eine misslungene Rechtschreibreform war für ihn ein voller Erfolg, ein wirtschaftlicher!

Wolf Schneider, Sprachaufklärer und Verfasser vieler Bücher zur Sprache, nannte den Duden in der Kerner-Sendung  „eine widerliche Veranstaltung“ und wies darauf hin, seit 1985 gelte bei der Deutschen Presseagentur ein interner Beschluss: “Vorsicht vor dem Duden!“. Und der promovierte Germanist Helmut Glück (Uni Bamberg) wird in den VDS Sprachnachrichten zitiert mit „Möge sich niemand mehr auf den Duden verlassen“.

Neben dem mächtigen Duden stehen einzelne Sprachpfleger und Sprachvereine mit ihren Zeitschriften

Die Deutsche Sprachwelt - sprachnachrichten - Wiener Sprachblätter 

im Schatten der intensiv beackerten Medienlandschaft. Sie bemühen sich intensiv um die Klarheit der Sprache, prangern Anglizismen und Sprachschlampereien an und geben Beispiele für gutes Deutsch. Finanziert durch mäßig eingehende Spenden und Mitgliedsbeiträge überleben sie von Ausgabe zu Ausgabe. Ich rege an,

dass die auflagestarken Tages- und Wochenzeitungen (wöchtlich) mindestens einen Artikel über die deutsche Sprache z. B. aus den genannten Blättern veröffentlichen. 

Offener Brief an den Duden

weitere Sprachseiten

Wörtermarkt

Favoriten

Wörter und Begriffe



zum Seitenanfang < zurück Seite drucken