München, den 30.6.2014
Sehr geehrter Herr Trautwein,
in Ihrem Brief bestätigen Sie die seit über 50 Jahren bekannte Rechtsprechung (BVG, 1957 und BGH, 1962) zu akademischen Graden. Die gerichtliche Feststellung, dass akademische Grade kein Bestandteil des Namens sind, bedeutet für viele Promovierte eine Einschränkung von Ansehen und Macht. Eine weitere Folgerung besteht darin, Titelträger haben keinen rechtlichen Anspruch auf die Verwendung des Grades in der Anrede und ihre Eintragung in Dokumenten wie Pass und Ausweis.
Die formale Abwertung der Titel durch die Gerichte bedeutet für die zahlreichen Titelträger ein psychisches Desaster. Für den Herrn Doktor sind damit Ansehen und Würde sind in großer Gefahr.
Bestanden schon bisher Zweifel, ob das lebenslange Führen des Titels, verbunden mit einem ungewöhnlich hohen Ansehen nur aufgrund einer in der Regel unbekannten Leistung (s. Die Geheimhaltung) gerechtfertigt ist, so fehlt nunmehr auch noch der Rechtsanspruch auf die offizielle Verzierung des Namens durch einen als akademische Leuchtboje wirkenden Doktortitel. Mir war anfangs bewusst, dass ich mir ein ziemlich heißes Eisen ausgesucht habe, wenn ich darauf sitzend behaupte,
die pauschale Bewertung des Doktorgrades ist unbegründet hoch.
In Verteidigung des Besitzstandes, hier in Form des hohen Stellenwertes des Titels (siehe hierzu auch "Die Titelpflege im Deutschen Patentamt), wird jeder Anschein des Zweifels an der Bedeutung des akademischen Grades oder gar an der Berechtigung, ihn als Namensvorsatz zu führen, als Majestätsbeleidigung aufgefasst. Besonders dann, wenn ein (nur) diplomierter Akademiker Schatten auf die grell beleuchtete Titellandschaft wirft. Der anfangs an sich berechtigte mir geltende Vorwurf des Titelneids verstummte in dem Maße, wie die auch für mich überraschend hohe Zahl der meine Meinung stützenden Artikel, Berichte und Argumente zunahm. Daraus zu folgern, ich lehne den Doktorgrad grundsätzlich ab, wie Sie es deuten, ist absurd. So soll ich behauptet haben, „der Doktorgrad solle möglichst keinerlei Erwähnung finden“. Tatsächlich empfahl ich, den Doktorgrad hinter den Namen zu setzen, und zwar vollständig, mit Angabe der Fakultät, möglichst mit Jahr und Ort der Verleihung.
Wenn Sie sich als Kritiker meiner Webseite profilieren wollen, empfehle ich, die diversen Vorwürfe mit konkreten Textbeispielen belegen. Die unbestechliche Suchfunktion ist auf jeder Seite verfügbar und hätte Sie gemahnt, sich weniger der Phantasie zu ergeben (ich habe den Doktorgrad als „zurückgeblieben, mittelalterlich und wertlos“ bezeichnet) statt Fakten zu beachten : Das Wort „mittelalterlich“ benutzte ich im Zusammenhang mit dem Wort Lederhose, die anderen zwei Wörter (zurückgeblieben und wertlos) überhaupt nicht.
Obwohl sich viele Promovierte durch meine zahlreichen Berichte hätten getroffen fühlen müssen, hat sich bisher niemand darum bemüht, mich von der Wichtig- und Notwendigkeit der Titel für die Gesellschaft zu überzeugen. Dagegen erhielt ich immer mehr Anhalte für das Aufbauschen und den Missbrauch von akademisch angehauchten Artikeln auch zum unredlichen Erlangen von akademischen Graden.
Weitere Beispiele:
Zur harmlosen Sorte zählt da noch eine Arbeit mit dem Titel „Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern“. Fälle aus anderen Sachgebieten liefern Achim Schwarze in seinen Büchern über die „Dünnbrettbohrer in Bonn“ - Aus den Dissertationen unserer geistigen Elite – Eine Materialschlacht der Dummheit und die Berichte über die Doktorfabrik in Würzburg.
Ihr Sammelsurium, Herr Trautwein, von unsachlichen und unverständlichen Bemerkungen sowie unwahren Behauptungen überdeckt den anfangs erweckten positiven Endruck. Der Verlust an Glaubwürdigkeit schadet nicht nur Ihnen, sondern auch ihrem Berufsstand, den Sie so vehement zu verteidigen versuchen. Auch Ihre Vorabbitte, ich solle „Ihre Meinung nicht wegen didaktischer oder grammatikalischer Fehler diskreditieren“, kann ich ignorieren. Denn mit Ihrem unredlichen Verhalten besorgen Sie das schon selbst. Hoffentlich gehen Sie mit Ihren Patienten vertrauensvoller um.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Werner
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